Wer würd nicht gern von bess’ren Zeiten künden, von Liebe, die uns Herz und Leib entzückt? Statt des Gelabers von den Menschheitssünden, das uns im Innersten zutiefst bedrückt! Wie soll’n wir jenes -ohne zu ergründen, was Hoffnung jäh mit Stumpf und Stiel zerdrückt- verstehn? Und -falls noch Aussichten bestünden: Wer ist’s, der uns erneut dann zwangsbeglückt?
Da die Siziliane, z.B. im Gegensatz zur Stanze, nur einen sehr schwachen Strophenabschluss hat, eignet sie sich gut für eine Reihe von "bitteren" Fragen, wie du sie hier stellst. Sie weisen, eingeklammert zwischen dem Gegensatz von "Liebe" und "Zwangsbeglückung" durch ihren rhetorischen Charakter auf eine bittere Wirklichkeit, deren Drängen durch die Einschübe, und den dadurch hervorgerufenen stockenden Rhythmus (trotz der jambischen Fünfheber! ) fühlbar wird. Das ist sehr gut gemacht, finde ich. Den Untertitel "Schockstarre" würde ich weglassen.
deine Zeilen wirken stark und durchdringen das Chaos, das weltpolitisch nicht nur dich in Schockstarre versetzt. Ich finde es ebenfalls sehr gekonnt, wie du dich konsequent an die Fünfheber hälst, trost so zahlreicher Einschübe. Den Untertitel würde ich lassen, da hiermit dein Gedicht einen deutlich biografischen Bezug erhält.
ich freue mich sehr, dass das Gedicht bei euch so gut ankommt. Mit dem Untertitel ist das so eine Sache: tatsächlich war er zuallererst da und Ausgangspunkt für die Idee, die Lähmung und den Zwiespalt, sowie die Angst vor den Konsequenzen auszudrücken, ohne zu sehr ins Detail zu gehen… Deswegen lasse ich ihn.
Ich habe die Schockstarre sehr gut verstanden. Womit ich Probleme habe, sind die Wörter wir und uns. Es klingt in meinen Ohren dadurch sehr verallgemeinernd.
Zitat von Carlino im Beitrag #1Statt des Gelabers von den Menschheitssünden, das uns im Innersten zutiefst bedrückt! Wie soll’n wir jenes -ohne zu ergründen, was Hoffnung jäh mit Stumpf und Stiel zerdrückt- verstehn?
Ich denke, es gibt immer mindestens 2 Seiten, aber in den meisten Fällen gibt es doch noch so viele Graustufen. Eine Seite produziert das Gelaber und die andere Seite muss sie ertragen, andere hören nicht hin und wieder andere empfinden es nicht als störend. Ich könnte mir vorstellen, hier würde es sehr gut passen, die eigenen Gefühle und Gedanken zu platzieren.
Aber, es ist nur ein Gedanke, der mir beim Lesen kam. Liebe Grüße Ilona
das erste Wort im Gedicht ist "Wer" und nicht "Ich" und damit ist der Text von Anbeginn verallgemeinernd. Im weiteren Verlauf dann persönliche Gefühle zu plazieren, sprengte meiner Meinung nach das gesamte Gefüge oder würde ausufern... Da ich glaube, dass man an dieser Stelle verallgemeinern kann, lasse ich es so, wie von Anfang an konzipiert.
Herzlichen Dank für deine Gedanken und ebensolche Grüße aus Lüli Karlheinz
bittere Fragen - in der Tat. Ja, wer zwangsbeglückt uns erneut? Warum lassen wir uns zwangsbeglücken? Wie sieht eine Zwangsbeglückung aus? Werden Aussichten bestehen? Wenn ja, worauf? Gibt es gute und schlechte Aussichten? und was ist das Gelaber? Wann ist Reden Gelaber und wann nicht? Warum stehen wir nicht auf und setzen etwas dagegen? Diese und noch viel mehr Fragen sind in mir beim Lesen hochgekommen und auch ich kann den Begriff der Schockstarre sehr gut nachvollziehen. Warum nimmst du ihn nicht als Hauptüberschrift?
danke! Die Zwangsbeglückung könnte darin bestehen, dass wir zu unserem Glück gezwungen werden müssen, weil wir auf andere Weise unser schädliches Verhalten nicht ändern werden. Wer das machen soll und ob das ohne schmerzliche Eingriffe abgeht, sei dahingestellt… Das Gerede über die menschliche Schwäche ist sicher richtig, aber nicht hilfreich, damit sich wirklich was ändert. Besonders, was die Umweltschäden anbetrifft, ist die Zeit des Handelns und Umsteuerns gekommen…
Wir aber sind zur Zeit erstarrt, denn die neuen und alten Kriege sowie die Angst, das uns das Elend auch persönlich betreffen könnte, hindern uns daran zu handeln…
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