Catcalling: Präventionshilfen für Männer Teil1

Lieber Thomas,

meinem Protagonisten hat es ja sogar ganz die Sprache verschlagen. Mann hat es schon schwer .

Liebe Grüße
der Sanderling

Lieber Sanderling,

der richtende Griff an die Hoden, geht ja gar nicht und die Brüste als Tüten zu stilisieren, ist ein schlimmer Fauxpas, der nicht ungeachtet bleiben darf…und Latte ist ja wohl eine überdeutliche Anspielung auf Milch, eine ureigenste Frauensache…
Darf ein Nicht- Milchspender diese Worte überhaupt benutzen?

Herzliche Grüße aus Samothraki
Karlheinz

Lieber Thomas,
lieber Carlino,

natürlich habe ich mich völlig missverständlich ausgedrückt und laufe nun Gefahr des Sexismus bezichtigt zu werden. - Satire bei Seite: den Begriff Catcalling kannte ich bis vor kurzem noch gar nicht. Auch hierbei geht es darum, wie bei allem im Leben, die Grenzen auszuloten, über die hinaus sich ein Mensch, der sexistisch angemacht wird, mit Recht zur Wehr setzt. Wie sehr diese Diskussion aktuell bereits einen netten Flirt verhindert, kann ich nicht beurteilen. Ich fürchte allerdings, die Diskussion macht schweigsamer und funkenloser.

Liebe Grüße
der Sanderling

Lieber Thomas,

wie schön, dass du das Thema mit deinem ausführlichen Beitrag noch einmal vertiefst. Mir selbst ist bei dem Thema wichtig, dass wir uns unserer möglichen Wirkung überhaupt bewusst werden. Denn, wir nehmen einander ja nun einmal wahr, im öffentlichen Raum besonders mit den Augen. Also schauen Frauen wie Männer. Männer begehen sicher eher den Fehler, dass sie ihre Einschätzung über Details der möglichen Schönheit von Frauen glauben, diesen auch mitteilen zu müssen. Unabhängig davon, ob dies im Rahmen der Begegnung angemessen erscheint. Respekt vor der/dem anderen, beginnt sicher bereits viel früher. Nämlich damit, dass ich als Mann keine "Löcher in Körperteile von Frauen schaue" da mein stierender Blick sich klebend anhaftet.
Es gibt für uns arme Männer sicher Schlüsselreize, die uns als instinktreduzierte soziale Wesen, antriggern. DAS rechtfertigt aber nichts, sondern bleibt unsere Aufgabe damit umzugehen. -
Dass sich die Frauen hier im Forum bisher noch nicht äußerten, ist meiner Meinung nach unabhängig vom Thema, sie sind ja eh zurückhaltender geworden.

Liebe Grüße
der Sanderling

Liebe Gabi,

du musst dich für die Länge deiner Nachricht doch nicht entschuldigen. Im Gegenteil, schön, deine Meinung zu lesen.
Männer nahmen sich früher viel raus, oft zu viel, und der Macho ist sicher noch nicht ausgestorben. Die jungen Menschen lernen heute selbstverständlicher als früher: mein Körper gehört mir, und wenn mir was nicht passt sage ich nein! ...und das ist eine gute Entwicklung.
Die Jugend nimmt zum Teil sicher Schaden dadurch, dass sie so "freizügig" Zugang zum Web hat. Aber, keiner kann die Uhren zurückdrehen, deshalb gefällt mir wenn jedes Geschlecht für sich selbstbewusst eintritt und anderen Grenzen aufgezeigt, wo eben die individuellen Grenzen liegen.
Und unter Lyriker lebt die Feinheit der Sprache ja noch, das gefällt mir und vielleicht auch allen anderen.

Liebe Grüße
der Sanderling

Ihr Lieben,

ich empfinde die Entwicklung keinesfalls als positiv. Im Gegenteil, die Masse der Menschen, einschließlich der Jugendlichen und Kinder lernen beizeiten, dass sie sich in den anonymen Medien als Ware feilbieten müssen oder meinen, sich feilbieten zu müssen…
Das ist erschreckend! Sie erleben sich vorwiegend als Ware und Selbstdarsteller…
Mit Freiheit hat das nichts zu tun, im Gegenteil mit zwanghaftem Verhalten!

Herzliche Grüße aus Samothraki
Karlheinz

Ihr Lieben
hier wurde ja schon viel gesagt über sexuelle Belästigung.
Wir alle stehen in der Verantwortung unseren Kindern und Jugendlichen eine zivilisierte und vor allen Dinge eine diskriminierungsfreie Verhaltensweise vorzuleben. Ich hoffe und denke, diese Erziehung kann nur von den Erwachsenen ausgehen.
Und ich kann auch für mich kein Spaß mit dem Machogehabe verbinden. Ich selbst würde Gedichte, die nicht eindeutig Stellung gegen sexuelle Belästigung beziehen weder schreiben, noch als Humoreske abtun. Leider finden es viele Leute für witzig die Brust als Milchmaschine, Tüten, Titten, Euter ...
Da ich schon als sehr junges Mädchen eine große Brust hatte, kann ich aus Erfahrung sagen, die "Beleidigungen" die ich als Jugendliche hören musste sind über Jahrzehnte im Gedächtnis als herabwürdigend geblieben. Auch wenn es Männer möglicher Weise als Kompliment, oder unbedacht rausgehauen haben.
Liebe Grüße Ilona

Liebe Musengärtner, liebe Ilona, liebe Gabi,

auch ich tue mich schwer mit diesem Gedicht und habe mich gefragt, warum. Es arbeitet mit Stereotypen (Frauen gehen gerne shoppen....) und mit doppeldeutigen Begriffen wie Tüten. Dass der Mann zu Boden schaut, macht es für mich nicht verständlicher, denn er ist nur mit sich beschäftigt - so meine Lesart jedenfalls. Ich habe überlegt, ob ich einfach das Wort "Frau" durch das Wort "Mann" ersetze.

Auf einem Innenstadt Boulevard
flanieren schicke Damen.
Die Frauen zeigen Muskelpacks
die Männer, die erlahmen,
denn Fitness steht ganz hoch im Kurs,
mit aufgepumpten Waden.

Vom Frauenblick bleibt Mann verschont,
denn SIE schaut heut zur Erde.
Sie nippt nur kurz am Latte-Glas,
auf dass es Abend werde.

So oder so ähnlich, dann wäre es ein paradoxes Spiel mit Stereotypen, doch wäre das witzig? Ich finde die Fragen, die sich aus diesem Gedicht ergeben, daher interessant: Wann ist das Spiel mit Vorurteilen komisch (kann es das überhaupt sein im Sinne einer Übertreibung) und wann nicht.

Was ich auf alle Fälle schade fände, wäre, wenn Mann/ Frau sich hier nicht mehr trauen würde, irgendetwas zu geschlechtsspezifischen Themen zu schreiben aus lauter Sorge, es könne sexistisch klingen.

Das führt mich zur nächsten Frage: Wann ist etwas sexistisch? Den Begriff "Tüten" für die weibliche Brust einzusetzen, finde ich beispielsweise abfällig, Bei verbalen Entwertungen kann (und ich betone: kann) sich die Leserin angegriffen fühlen, insbesondere bei entsprechenden Vorerfahrungen. Ich würde es jedenfalls begrüßen, wenn wir an Texte mit ähnlichen Entwertungen eine Diskussion wie diese anschließen könnten, damit diese Wörter nicht unkommentiert im Raum stehen.

Nach all diesen Gedanken komme ich zu dem Schluss, dass ich ohnehin nicht sehr gerne mit Verallgemeinerungen oder mit Vorurteilen schreibend arbeite, sondern lieber Einzelbeobachtungen in den Vordergrund stelle. Klischees langweilen mich eher, als dass sie mich unterhalten, aber das ist eben meine persönliche Einstellung dazu.

Ich bin dir, Sanderling, dankbar dafür, dass du mit diesem Gedicht ein Nachdenken auch über männliche und weibliche Sprache angeregt hast und bin mir sehr sicher, dass keiner hier im Forum sexistische Gedanken hegt.

Liebe Grüße

anna a.

PS: Den Begriff "Catcalling" kenne ich gar nicht, den lese ich jetzt gleich mal nach.

PPS: Liebe Gabi, das lange Schweigen zum Thema sexuelle Übergriffe und Belästigung machen diese nicht ungeschehen. Ich freue mich, dass heute offener darüber geredet werden kann - dennoch gibt es noch genug versteckte sexuelle Gewalt, da das Thema sehr scham - und schuldbesetzt ist. Nicht vergessen dürfen wir an dieser Stelle auch die Übergriffe, die von Frauen Männern gegenüber erfolgen. Immerhin sind viele der Täter früher selbst Opfer von Gewalt gewesen...So habe ich gerade erst vor ein paar Tagen von einer Stalkerin gehört, die fast die Existenz einer kompletten Familie ruiniert hätte. So schwingt eben auch bei diesem Thema das Thema "Wahrheit" und "fake news" mit, das in den letzten Jahren insgesamt zur allgemeinen Verunsicherug beigetragen hat.

Ihr Lieben,

anna hat recht, das ist stereotyp! Das Tragische ist aber, dass sich gerade diese Stereotypen ständig genauso abspielen…
Ich komme gerade vom Kaffe hier auf dem Pyrgos, wo sich genau diese Szenen ständig abspielen. Besonders pikant, dass das alles noch vor der Selfiekamara posierend in Szene gesetzt wird, übrigens von Männern und Frauen. Dieses eitle Gehabe ist sehr weit verbreitet und geschieht offensichtlich unter dem Einfluss der entsprechenden Sozialen Medien. Ich finde das Gehabe einfach nur lächerlich und zum Kotzen und übrigens auch übergriffig, wenn auch keiner angefasst oder angemacht wird. Die Anmache tragen die Leute schon in sich und haben es in ihr Rollenverhalten integriert…

Herzliche Grüße aus Samothraki
Karlheinz

Lieber Carlino,

wie schrieb Tom Wolfe noch gleich: "Fegefeuer der Eitelkeiten"...

all the best

änneli

Ihr Lieben,

solange es verschiedene Geschlechter gibt, und das wird sich voraussichtlich nicht ändern, werden wir auch Urteilen und Wertungen, und Vorurteilen begegnen, die niemals dem individuellen Menschen mit seiner jeweiligen Geschichte gerecht werden.
Ich habe in meiner Satire mit Begrifflichkeiten gespielt, das stimmt... doch ich sah was ich schrieb, volle Einkaufstüten, keine weiblichen Brüste.
Meine Idee war spontan, ihre Umsetzung vielleicht auch deshalb wenig genial. Sei's drum, manche Beiträge von mir haben darum sicher eher "Werkstattcharakter".
Ich würde mir wünschen, ähnlich wie anna es schreibt, in unseren Gedichten Individuen kennen zu lernen. Diese Geschichten sind sicher ehrlicher, echter, als alles andere und auch meine Satire.
Aber auch wir hier sind wir eben nicht im luftleeren Raum, sondern im WWW. Dieses lebt von alledem, was auch in der Gesellschaft zu finden ist, und ist vor allem kein intimer Raum.
In diesem Spannungsfeld steht alles was hier veröffentlicht wird, oder eben auch nicht, da es zu persönlich ist.

Liebe Grüße
der Sanderling