Als der Rabe verschwand hinter den gräulichen Wolken, verband sich der Junge die blutenden Knie. Komm, Junge, komm doch und ziehe die Stämme der Buchen den Berg hinauf.
Lauf, Junge, lauf, schließe die Gatter der Weiden, bevor uns die Nacht unsere Träume verhüllt, bevor wir versunken die Moore der Erinnerung meiden, bevor nur noch eins, nämlich die Gegenwart, gilt.
was ist denn das für ein mysteriöses, stimmungsreiches Gedicht? Spricht der Rabe oder eine Stimme aus dem Irgendwo? So wenig die einzelnen Aspekte etwas miteinander zu tun haben scheinen, so sehr gelingt es dir doch einen verflochtenen Thementeppich zu weben, der mich heute, noch so früh, wie ein Fetzen eines Traumes daher kommt. Die Betonung der Vergangenheit, als Gegenspieler zur Gegenwart, trägt zu diesem verwirrenden Bild sicher ebenfalls bei.
Magst du über deine Idee zu deinem kleinen Meisterwerk erzählen?
vielen Dank für deinen Kommentar, der im Grunde genau die Entstehung des Gedichtes aufgreift. Dieses Gedicht ist nämlich ein "Ich- schreibe- abends- einfach - drauf-los- Gedicht" bzw. ein Gedicht, das sich von innerem Bild zu innerem Bild hangelt, staunend über das, was sich zeigt.
Ich habe gestern abend mit zwei meiner Berliner KommilitonInnen über das Thema "Verschwinden" sinniert. Gemeinsam haben wir assoziiert, was alles verschwinden kann, haben überlegt, ob ein Verschwinden einen fehlenden Abschied beinhaltet, haben den Augenblicken des Verschwindens in unseren Leben nachgespürt, Naturphänomene wie das Verschwinden der Sonne bei einer Sonnenfinsternis oder das winterliche Verschwinden eines Igels in einem Laubhaufen eingeschlossen. So entstand eine ganz eigentümliche Stimmung, aus der heraus ich dieses Gedicht schrieb - immer den inneren Bildern folgend, die sich als Nächstes zeigten.
Ich liebe dieses assoziative Schreiben, vielleicht weil es so fragmentiert wirkt, um sich zuletzt doch zu einer Gesamtcollage zusammenzufügen.
lieben Dank für den Einblick in die Entstehung deines Textes. Du machst wirklich interessante Experimente . So "geführt", wie du es beschreibst, habe ich es noch nicht gemacht. Mich spontan inneren Anstößen hingebend, ohne vorher zu wissen wohin die Reise geht, habe ich mich allerdings schon häufiger empfunden.
dein Gedicht erscheint wie aus zufällig hingeworfenen Worten, es ist ein Fragment, nicht einmal ein Mosaik, aus Erinnerungen, dazwischen Lücken. Die poetische Mittel, mit denen du diese Bildfragmente zusammenhältst sind Wiederholungen, wie "Komm, Junge, lauf Junge" und dreimal "bevor" und Reime, verschwand, verband, Knie, ziehe, hinauf, lauf Weiden, meiden, verhüllt, gilt und die Verwendung von Zeilen mit drei Hebungen gefolgt von zwei Zeilen mit zwei Hebungen und meist doppelte Füllung zwischen den Hebungen. Und vor allem eine harmonische rhythmische Gesamtheit. Das ist sehr gut gelungen. Chapeau!
Liebe Grüße Thomas
P.S.: Wie ich gerade sehe, hast du inzwischen einen Kommentar mit Erklärng geschrieben. Hoffentlich passt es einigermaßen zu meinem Eindruck.
ja, das passt ganz genau und ich bin sehr gerührt, dass ihr das, was sich in mir während des Schreibens abspielte, wahrgenommen habt. In der Tat sind die Reime und der Rhythmus der Kitt und die Melodie, die diese Fragmente zusammenhalten und schlussendlich zu einem Gesamtbild zusammenfügen.
Ja, lieber Sanderling, versuche es einmal und ich bin sehr gespannt auf das Gedicht... einfach treiben lassen, ohne zu denken, nur fühlen....
Liebe Grüße und danke an euch beide!!
anna a.
PS: Über Hebungen habe ich mir tatsächlich keine Gedanken gemacht, ich empfinde das Ganze tatsächlich als Melodie und spreche mir das Gedicht daher auch laut vor - dann ergeben sich Hebungen und Rhythmus von alleine.
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