Ein Fuchs streicht leis um meine Beine, die Ampel zeigt sich rot im grellen Licht, zwei Autos krachen ungebremst auf kahle Bäume, im Straßengraben liegt ein Mensch, der sich erbricht.
Reklamen schreiben Worte in das Dunkel, gelegentlich, da flackern a und o, ich seh das wilde Wortgeschunkel hoch oben über’m Affenhaus am Zoo.
Beim Rattern ferner Züge denke ich an Mutter und an C., an eine Kindheit voller Reigen und doch voll ungeahntem Trotz, und plötzlich rieche ich am Stand von Sterns Hermine den längst vergess’nen Trost von heimischem Kompott.
was ist Heimat? Das Pendeln zwischen Orten, die unterschiedlichen Orte selbst oder allein mein Herzschlag und mein Gefühl im Bauch? Das ständige sich bewegen, zwischen dem, was der Tag einem vor die Füße spuckt und dem, was wir aus unserer Geschichte täglich erinnern? Ist Heimat das Thema deines Gedichtes? - Mit diesen Fragen versuchte ich mich deinem Gedicht, im Stil von Mascha anzunähern. Schaue ich mir die gewählten Hebungen und Senkungen der drei Strophen deines Gedichtes an, stellt sich ein sprunghafter, vielleicht auch beabsichtigter, bunter Wechsel zwischen unterschiedlichen Hebungen dar.
Strophe 1 4, 5, 6, 6
Strophe 2 5, 5, 4, 5
Strophe 3 7, 9, 6, 6. ....so laß ich es zumindest.
Das ist so unterschiedlich, dass ich vermute, du hast es als Stilmittel gewählt? Als Leser komme ich deswegen aber etwas ins Stocken.
Ebenso scheinst du mit den Reimen vorzugehen. Str.1: Kreuzreim Str.2: Kreuzreim Str.3: vier freie Vers Endungen.
Doch dein Gedicht transportiert eine Stimmung. Für mich eine Form der Zerrissenheit zwischen verschiedenen Welten und einem Heimatgefühl, dass sich in der Seele manchmal völlig überraschend einstellt, z.B. bei einem plötzlichen Duft. -
Die Widersprüchlichkeit, dieser scheinbaren Gegensätze, könnten eventuell dennoch von einer rhythmische Überarbeitung deines Gedichtes profitieren.
ich spüre beim Lesen, als ob ich mich in der letzten Schaffensperiode der Kaleko befinde. Dort macht sie sich oft Gedanken über die Heimat. "Fxxxxx sxxx nxx xxxx xxxxxxxx Xxort." Genau diese Zerrissenheit drückst du in Deinem Gedicht aus. Lediglich in Strophe 3 würde ich überlegen ob ich in Zeile 1 nicht "denke" statt denk bevorzugen würde. mir gefällt auch der Wechsel der Reime. Das kennt man von ihr sehr wohl, auch das Kaleko sehr oft weder Hebungen zählte. Aber immer spürte ich eine gewisse Melodie in ihren Gedichten. Die finde ich aber auch sehr wohl in Deinem Gedicht. Liebe Grüße Ilona
vielen Dank für eure Rückmeldungen. In der Tat habe ich mir weniger um Hebungen und Reim Gedanken gemacht, ich habe eher versucht, Mascha Kalèkos Wortmelodien zu folgen. Ich bin lediglich mit meiner dritten Strophe noch nicht im Reinen, Strophe eins und zwei passen so für mich zusammen. Wenn ich das Gedicht laut lese, komme ich nicht ins Stocken, aber das Problem habe ich ja immer wieder, dass ich Manches anders zu betonen scheine...
Bewusst gewählt habe ich in der Tat die Tatsache, dass ich Reime und Rhythmus gewechselt habe, um damit die innere Zerrissenheit von Mascha widerzuspiegeln. Interessant finde ich auch, wie fein ihr beide das Thema "Heimat" erspürt habt, das auch ein Lebensthema von mir ist.
Mich würde nun abschließend sehr interessieren, wie ihr und die anderen drei an die Aufgabe herangegangen seid, die ich im Übrigen sehr inspirierend fand. Ich bin gespannt auf eure Antworten.
ich finde deinen rhythmischen Ansatz sehr gut gelungen (bis auf das fehlende "e" ) und die Bilder empfinde ich natürlich typisch anna. Es gefällt mir sehr gut.
eine feine feinsinnige Mischung aus Kalenko und anna, aber deshalb nicht weniger schön. Gerade die unperfekte Rhythmisierung unterstreicht doch Zerissenheit des Li. Mir gefällt das das.
besonders gefällt mir an deinem Gedicht der Schluss, der mich an die „Wilden Kerle“ erinnert. Heimat ist da, wos nach Kompott riecht. Gefällt mir sehr sehr gut!
Herzliche Grüße jetzt wieder aus Samothraki, wo es für mich auch nach Kompott riecht Karlheinz
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