I. Hinter den knorrigen Windkiefern singt die Zeit vom flüchtigen Schimmer. Es verfängt sich in den Zweigen. Tropft Takt um Takt auf moosigen Grund. Es findet sich immer eine Rapunzelspinne. Sie wartet auf einen leichten Wind, überlässt ihr Haar der Brise. Der feine Faden bleibt irgendwann beim Nachbarn hängen. Die Brücke zum Träumen hergerichtet, direkt zwischen Salzwiesen und Seeluft geschwängerten Bodden. Ich liebe diesen herben Geruch von Vergänglichkeit. Vögel bleiben das einzige Maß der Jahreszeit. Sie richten sich ein im Jetzt. Nehmen ihre Kinder mit auf die Reise. Heute sitzt eine Schar Amseln auf einem Schlehengestrüpp zum Frühstück. Sie picken die überreifen Früchte des letzten Sommers. Demut ankert tief an den Wurzeln des Maiglöckchens. Ist es zwecklos sie zu verpflanzen, dorthin wo unsere Erde sich zweigeteilt hat?
II. Weltstädtische richten sich ein. Nur der Duft vom Maiglöckchen liegt noch in ihren Kleidern. Vermutlich produzieren sie das Aroma aus Genmutationen. Es hält länger in ihren Babykostümen. Ich vermute, sie mischten ihn mit Charnell im Stadtteil Kreuzberg Marilyn Monroe war auch am Tage eine Versuchung. Damals waren die Hosennähte noch nicht verschweißt und unter den Blusen ahnte der Mann die Knospen und das Sinnliche. Die Zeit des Gangsta-Raps beschränkt sich auf die U-Bahnhöfe. Ich sehe dort nicht nur im Winter frierende Menschen. Sie tragen längst einen Stempel. Den Chef der Kleingartensparte erkannte ich, er trug inzwischen den Hut der Vogelscheuche. Irgendwo liegt immer Abfall. Es ist zu vermuten, dass Christen die unterirdischen Städte zum Schutz vor Verfolgern angelegt haben. Der Maulwurf wird wenigstens schon blind geboren.
III. Oben zeigen sich extravagante Giraffen aus Glas und Stahl. Modern und innovativ erhellen Leuchtfeuer nun Straßen und Plätze. „Plätze“ ist noch ein Wort aus der früheren Welt. In der heutigen Welt bauen Menschen ihren eigenen Sternenhimmel. Funkelnder und spektakulärer als der Echte. Das Leben in Illusionen bietet den Menschen von Heute ausgefüllte Lottoscheine an. Dem finanzkräftigen Großbürger lockt das Gefühl an einem Modernen, in die Zukunft weisenden Experiment teilzuhaben. Straßenzüge überdacht und klimatisiert prägen das Bild. Genauso gibt es noch die andere Welt. Die Welt der Ausgegrenzten, die Welt der Verzweifelten und die Welt der Harderer. Die zwei Welten werden sich nicht auslöschen. Sie brauchen sich zum existieren. Yin und Yang können nicht ohne Licht und Schatten, Liebe und Hass und Gut und Böse. Doch auf welcher Seite werden wir sein, müssen wir uns entscheiden?
deine lyrische Prosa des wechselhaften Seins auf dieser Welt, habe ich in den letzten Tagen oft gelesen. Sie lässt mich dennoch etwas ratlos zurück, was mich bisher daran hinderte einen Kommentar abzugeben. Deine Beschreibung natürlicher und künstlicher Welten bildet einen deutlichen Kontrast. Das verstehe ich. Doch bei III. bin ich "raus". Es fällt mir schwer hier Sinnzusammenhänge oder ein Gesamtkonzept deines lyrischen Ausflugs in Gegenwart und Zukunft zu erkennen. - Vielleicht stehe ich aber auch nur auf dem Schlauch...
lieber Thomas ich hatte im Sommer das Vergnügen eine Ausstellung in Nürnberg mit dem Titel "Yin und Yang auf unserer Erde". Dort gab es 3 riesige Räume. Auch ich konnte die beiden ersten Räume verstehen.Obwohl ich mich in dem lauten weltstädtischen Raum nicht wirklich wohl fühlte. Der 3. Raum war ein Raum mit vielen kleinen Welten. Aber sie wurden nur als Projektion gezeigt. Sofern ich in eine dieser Welten eintrat war sie verschwunden. Also ging es Dir ebenso. Irritieren wollte ich nicht, aber ich wollte meine Empfindungen ausdrücken, danke fürs vorbei schauen. liebe Grüße Ilona
Wir hoffen, dass dir unser Forum gefällt und du dich hier genauso wohlfühlst wie wir.
Wenn du uns bei der Erhaltung des Forums unterstützen möchtest, kannst du mit Hilfe einer kleinen Spende dazu beitragen,
den weiteren Betrieb zu finanzieren.
Deine Spende hilft!
Spendenziel: 144€
26%
Forum online seit 10.11.2013 Design by Gabriella Dietrich