Der alte Narr tritt ab. Er macht sich einen letzten Spaß, wirft seine Kappe in das Gras und reißt vom bunten Kleid die Silberglöckchen ab.
Der alte Narr tritt ab, dem greisen König auf dem Thron singt er sein Liedlein ohne Ton, wobei er Purzelbäume macht. Der alte Narr, der lacht.
Er zieht an Hof und Volk vorbei: Der eitlen Königin macht er Noch einen Knicks, das freut sie sehr. Der Hofrat klatscht und eilt herbei. Der alte Narr, der lacht.
Er stößt mit Bischof und Kaplan auf Himmel und auf Hölle an. Dem neuen Narren gibt er froh Ein Bruderküsschen auf den Po. Der alte Narr, der lacht.
Der alte Narr der lacht: Haha! Er pfeift auf alles, was geschah. Geht seinen Weg, denkt still zurück an wahre Lüge, falsches Glück. – Der alte Narr, der geht.
Vom Stadttor zu den Felder hin, da sieht der Narr die Schäferin, die zierlich sich zu Boden bückt und Blumen für den Liebsten pflückt. Der alte Narr, der weint.
erstemol zwo Fragen: "der Königin macht er" .X..X. oder willst du das tatsächlich wie das restliche Gedicht .X.X.X betont haben? Vielleicht willst du aber auch mit diesem Hüpfer schon auf die Femmefatal hinarbeiten, dann ist das sicherlich ein erwähnenswertes Silmittel. Der alte Narr, der muss alt sein, aber der König könnte auch ein anderes Adjaktiv für sich beanspruchen, als Souverän teil er sicher nicht gerne. Natürlich steht durch das "alt" auch eine längere Beziehung zwischen den beiden im Raum, das könnte man aber auch durch "greise" o.ä. lösen.
Also ich bin ein echter Fan von deinen tiefgründigen Gedichten (dazu zählen oft auch deine humorlastigen Stücke), hier frage ich mich am Schluss - wieso weint er?! Weil er selbst keine Zeit für die Liebe hatte, weil er die Königin liebte oder weil der Narr die Schäferin liebt, sie aber einen anderen. So viele Möglichkeiten. Ein Narr ist ein mächtiger Mann am Hofe und damit verliert er nun alles und das auch noch an einen jüngeren - hart ist das Leben.
dem Narr werden viele Charaktere zugesprochen, von der Weisheit bis zur Dummheit hin. Dein Gd. hat mir Freude bereitet, jedoch empfinde ich es etwas zu geballt.
Warum tritt er ab? Er scheint ja der König zu sein ... Warum legt er sich denn noch mit der Geistlichkeit an? Ist der Nebenschauplatz notwendig? Ist die letzte Strophe wichtig für Dich und wenn Du sie weglässt?
ein gelber Narziss eitel zum Adonis schaut morgen welkt er schon
das Ding ist mehr oder weniger jambisch mit Ausnahme einiger närrischen Tonbeugungen. Vielen Dank für das "greisen". Der Narr ist nicht der König. Er legt sich mit der Geistlichkeit an, weil er sich mit allen anlegt, einschließlich deinem Nachfolger. Nun, warum weint er? Anscheinend hat er sich trotz der lachenden Maske etwas erhalten, was ihn für die reine Schönheit der Tugend empfänglich macht.
Lieber Ralf, ich habe lange über dein Gedicht nachgedacht. Mich störte von Anfang an die letzte Strophe. Jetzt, da Olli und Jörg meiner Meinung sind, getraue ich mich, zu äußern. Narren waren meist geschätzte Ratgeber der Herrschenden. Sie vereinigten Klug- und Gerissenheit mit Selbstbewusstsein und Mut gepaart mit tiefer Melancholie und Kunstfertigkeit auf erstaunliche Weise. Ein weinender Narr ist für mich unvorstellbar, schon gar nichtt beim Anblick eines Blumen pflückenden Mädchens. Ich würde auf die letzte Strophe verzichten. Dein Narr könnte, falls du sie beibehalten möchtest, besser lächeln.
Deine Ballade liest sich wunderschön, die Bilder sind deutlich und aussagekräftig, die Stimmung hält die Leserin gefangen. Ich habe deine Verse sehr gerne und mit Spannung gelesen. Herzliche Grüße, Heliane.
mich freut, dass die letzte Strophe irritiert. Genau das soll sie. Er ist nun alleine und es sieht ihn auch niemand, wieso sollte er nicht weinen? Aber das Wichtigste ist, es sind keine Tränen der Trauer, die Schäferin ist halt zum Weinen schön.
#7 | RE: Der alte Narr
13.05.2015 13:09 (zuletzt bearbeitet: 13.05.2015 13:09)
pinguin1961
(
gelöscht
)
Warum weint der alte Narr? - Diese Frage scheint ja viele in diesem Forum zu beschäftigen. Vielleicht hat der Narr in der blumenpflückenden Schäferin etwas gesehen, was er nie erreichen konnte!
Ein sehr voluminöses Gedicht! - Ausdruckstark, inspirierend, diskussionsanregend!
Da ist Dir durchaus ein gutes Stück Literatur gelungen.
Lieber Thomas, nach der Vorstellung verliert der Narr die Maske und weint, für mich passt das gut. Denn es gibt mehr, als das Spiel verrät. Tolles Gedicht! Liebe Grüße der Sanderling
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