Als Kaiser Rotbart lobesam zum heil'gen Land gezogen kam, da mußt' er mit dem frommen Heer durch ein Gebirge wüst und leer.
Daselbst erhob sich große Not. Viel Steine gab's und wenig Brot. Und mancher deutsche Reitersmann Hat dort den Trunk sich abgetan.
Den Pferden ward so schwach im Magen, fast mußt der Reiter die Mähre tragen.
Nun war ein Herr aus Schwabenland, von hohem Wuchs und starker Hand. Des Rößlein war so krank und schwach, er zog es nur am Zaume nach.
Er hätt' es nimmer aufgegeben, und kostet's ihn das eig'ne Leben. So blieb er bald ein gutes Stück hinter dem Heereszug zurück.
Da sprengten plötzlich in die Quer fünfzig türkische Reiter daher! Die huben an, auf ihn zu schießen nach ihm zu werfen mit den Spießen.
Der wackre Schwabe forcht' sich nit, ging seines Weges Schritt vor Schritt, ließ sich den Schild mit Pfeilen spicken und tät nur spöttlich um sich blicken,
bis einer, dem die Zeit zu lang, auf ihn den krummen Säbel schwang.
Da wallt dem Deutschen auch sein Blut. Er trifft des Türken Pferd so gut, er haut ihm ab mit einem Streich die beiden Vorderfüß zugleich.
Als er das Tier zu Fall gebracht, da faßt er erst sein Schwert mit Macht, er schwingt es auf des Reiters Kopf, haut durch bis auf den Sattelknopf,
haut auch den Sattel noch zu Stücken und tief noch in des Pferdes Rücken. Zur Rechten sah man wie zur Linken einen halben Türken heruntersinken.
Da packt die andern kalter Graus, sie fliehn in alle Welt hinaus, und jedem ist's, als würd ihm mitten durch Kopf und Leib hindurchgeschnitten.
Drauf kam des Wegs 'ne Christenschar, die auch zurückgeblieben war; die sahen nun mit gutem Bedacht, welch Arbeit unser Held gemacht.
Von denen hat's der Kaiser vernommen, der ließ den Schwaben vor sich kommen; er sprach: „Sag an, mein Ritter wert! Wer hat dich solche Streich gelehrt?“
Der Held besann sich nicht zu lang: „Die Streiche sind bei uns im Schwang! Sie sind bekannt im ganzen Reiche; man nennt sie halt nur Schwabenstreiche!“
(Beispiel für eine Heldenballade von Ludwig Uhland aus dem Jahre 1814)
Der mehrdeutige Begriff „Ballade“ leitet sich vom lateinischen Verb ballare, also tanzen, her. Bezogen auf die deutschsprachige Literatur ist mit Ballade eine Gedichtform gemeint, die sich seit dem 18. Jahrhundert aus der älteren und anonymen Volksballade herausgebildet hat.
In der Regel handelt es sich bei dieser Kunstballade um ein mehrstrophiges erzählendes Gedicht mit festem, aber nicht vorgegebenem Metrum. Inhaltlich geht es oft um lebensverändernde Ereignisse einer Hauptperson, um Historisches, Legendenhaftes, oder um eine moralische Botschaft. Oft finden sich magische und unerklärliche Elemente. Die Sprache ist meist besonders lebendig gestaltet, sodass Spannung erzeugt und der Eindruck von Nähe für den Hörer bzw. Leser hergestellt wird. Als Stilmittel dienen insbesondere Metaphern, Personifikationen und Vergleiche, wodurch spezifische Stimmungen hervorgerufen werden.
Die Ballade vereint dabei Merkmale aus Lyrik, Epik und Dramatik.
Charakteristische lyrische Merkmale: Aufbau aus mehreren, manchmal zahlreichen Strophen Einsatz von verschiedenen Reimformen, z.B von Endreim, ohne dass aber ein bestimmtes Reimschema festgelegt wäre Regelmäßige Metren Häufige Verwendung von Kehrreimen Häufiger Einsatz verschiedener Stilmittel, oft ungewöhnlicher Satzbau
Häufig auftretende epische Merkmale: Spannende Geschichte, außergewöhnliche Ereignisse mit Einleitung, Höhepunkt und Schlusspointe Auftreten eines Erzählers, besonders an Anfang und Ende Verwendung von Vergangenheitsformen
Dramatische Merkmale: Klarer Spannungsbogen Wenig Orts- und Zeitwechsel Plötzliches Auftreten von Figuren Viel Direkte Rede
Entwicklung
Aus einem ursprünglichen Tanzlied mit simplem Aufbau, regelmäßigem Metrum und Refrains entstand im Laufe des 15. und 16. Jahrhunderts zunächst die allseits beliebte, in der Regel anonyme Volksballade. Aus dieser wiederum erschufen seit dem 18. Jahrhundert namhafte Dichter die wesentlich komplexere Form der Kunstballade mit märchenhaften, antiken oder historischen Zügen.
Die Form der Ballade existierte bereits seit dem Mittelalter als erzählendes, strophisches Lied. Blütezeiten erlebte sie zwischen 1250 und 1450 in Deutschland, im 14./15. Jh. in Frankreich und im 18. Jh. in England.
Inhaltlich waren es in Frankreich meist fröhliche Bauernlieder und Bänkelgesänge, in Deutschland oft kritische Auseinandersetzungen mit sozialen Problemen, politischen Ereignissen und biblischen Themen. In England griffen die Dichter auf alte, handlungsreiche Erzählungen heroischen Charakters zurück. In Skandinavien kamen geheimnisvolle, unheimliche oder mystische Themen hinzu.
Johann Wolfgang Goethe bezeichnete die Ballade treffend als "lebendiges Urei der Poesie", weil sich in dieser Gedichtform alle drei Grundelemente der Poesie, das Dramatische, Epische und Lyrische, vereinen. Im "Balladenjahr" 1797 schufen Goethe und Schiller ihre berühmtesten, "klassischen" deutschen Balladen, wie:
"Der Gott und die Bajadere" "Der Zauberlehrling" "Der Schatzgräber" "Legende" von Goethe und "Der Taucher" "Der Handschuh" "Der Ring des Polykrates" "Ritter Toggenburg" "Die Kraniche des Ibykus" "Der Gang nach dem Eisenhammer" von Schiller
Im 18./19. Jh. überwogen "Schäferballaden“ und Bänkellieder. Die Romantiker kehrten zu schlichteren und volksliedhaften Formen zurück. Im 20. Jahrhundert wurden zunächst kaum noch Balladen gedichtet. Der Schwerpunkt lag nun auf satirisch-ironisch-grotesken Inhalten. Brecht führte zudem akzentuierte Sozialkritik und kritische Auseinandersetzungen zum aktuellen politischen Geschehen in die Balladendichtung ein.
Erst die Protestbewegungen der 1960er Jahre führte dann zu einer Wiederbelebung: In Amerika wurde der Folksong mit politisch-agitatorischem Einschlag aktuell, und bis heute ist die "balad" in der populären Musik weit verbreitet.
Ballade von der Zikade
Am Berg dort oben haust ein Mann, der Menschen gar nicht leiden kann. Sein Haus aus Fels thront unterm Turm, er trotzt mit Weib dort Wind und Sturm!
Im Baum vorm Haus zur Mittagszeit macht sich Zikadenzirpen breit. "Geh, Weib, hinaus, verschaff mir Ruh, vertreib das Vieh, du dumme Kuh!"
Die Frau zum Wassereimer eilt, das Tier jedoch hat's schnell gepeilt, verstummt für kurze Weile nun und überlegt, was jetzt zu tun???
Kaum geht die Frau ins Haus zurück, erst leis, dann laut, macht's: Zick-Zick-Zick! Der Mann im Haus zickt auch herum, die Frau, die handelt, doch zu dumm,
sie stürmt hinaus im Unterrock, mit Schlappen, fällt - und jetzt der Schock- schlägt mit dem Kopf am Felsen an, und Witwer ist ihr Mann fortan.
Ein Jahr nur ging danach ins Land, dass man des Alten Leiche fand: Beim Klettern brach er sich's Genick doch weiter tönt es: Zick-Zick-Zick!
Denn nach dem Tod, man hör und staune, ward er bestraft für seine Laune: Er muss nun zirpen als Zikade, jedoch nur mittags.- Beinah schade!
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