zwischen den zeilen der geruch von bomben, zerborstenen fenstern und wildentenglück. phosphor brennt auf deiner haut, das knallen von soldatenstiefeln hallt nach zwischen den zeilen geronnenes blut an den vokalen misstrauen hängt träume auf die leine und die mutter greint, weil sich wieder ein sohn in eine uniform zwängt
Liebe anna, ein Meisterstück aus deiner Feder! Das ist mein Gedanke, nachdem ich deinen "Versandläufer" auf mich wirken ließ. Die Dichtheit des Erlebens kriegerischer Erfahrungen, bedurfte keines zusätzlichen Wortes, wo uns Krieg doch eher hilflos und sprachlos macht. Während des Lesens wuchsen vielfältige, wie grauenhafte Bilder von Vernichtung, persönlichem Verlust und Opferung der Hoffnung in mir. Sich zwischen all diesen Erfahrungen, als Boote im Krieg aufzuhalten und nach Möglichkeit zu überleben, muss eine gewaltige Erfahrung sein, die vielleicht mehr als ein Leben braucht um bewältigt zu werden Danke für dieses starke, freie Stück, aus Zeiten der Unfreiheit.
herzliche Grüße der Sanderling
PS. Die Schreibweise "Er-inner-ungen" erscheint mir ein Ausdruck dieser Erfahrungen, die andeutet wie sehr die Menschen Kriegserfahrungen in ihrem Inneren mitnehmen und diese die gesamte Persönlichkeit insgeheim mitbestimmen.
ein sehr interessantes und spannendes Gedicht! Das Wörtchen Versandläufer ist ja nun nicht besonders geläufig: Zunächst denkt man vielleicht an einen Teppichläufer im Versandhandel, dann aber kommt mir zumindest die Erinnerung an das fast vergessene Wort „Reisläufer“, das in der beginnenden Neuzeit einen Söldner meinte, der sich selbst gegen Geld verdingt. Einen solchen Abenteurer könntest du hier meinen, wenn ich mir den sonstigen Inhalt anschaue...
Mit Schaudern habe ich an diese modernen Landsknechte und ihre Familien gedacht
dein Gedicht erscheint mir am besten den freien Stil getroffen zu haben. Durch " zwischen den Zeilen", was wiederholt wird und " an den Vokalen" entstehen zwei Ebenen, die jedoch nicht, wie in einer wirklichen Metapher einem neuen Begriff formen wollen, sondern "dissonant" bleiben. Als Leser soll man sich einen Reim drauf machen, bzw. kann es tun, wenn man will. Das ist die Stärke und Schwäche dieser Form. Übrigens scheint dein Gedicht meine Meinung zu bestätigen, dass der Freie Vers sich beosnders für emotionsgeladene Inhalte eignet. Danke für dein anregendes Gedicht.
ist nicht die Lyrik generell dazu da, Emotionen in Bilder zu übersetzen und zu transportieren? Ich habe lange überlegt, aber mir ist spontan kein Gedicht eingefallen, dass nur auf der Sachebene eine Information weiterleitet...
Vielen Dank für dein Lob! Ich lasse mich beim Schreiben zunächst nur vom Klang der Worte leiten und erst in der Überarbeitung feile ich an Kleinigkeiten. Das "zwischen den zeilen" entstand dadurch, dass ich gerade die Memoiren eines Kriegsteilnehmers aus dem Englischen in das Deutsche übersetze und dabei gespürt habe, wieviel Informationen zwischen den Zeilen steht... So hat sich das Gedicht entwickelt und ein Versandläufer, lieber Carlino, ist offensichtlich jemand, der zu Fuß die Botschaft drohender Bombenangriffe in die entlegenen Dörfer getragen hat. Ich musste sehr lachen bei der Idee, dass es sich dabei um einen Läufer aus dem Versandhandel handeln könnte.
Liebe Heliane,
vielen Dank auch für deinen Kommentar. Von dem "und" vor "die mutter" kann ich mich noch nicht trennen, es macht den Text rund trotz des Grauens und das genau wollte ich auch zeigen - dass der Alltag auch während des Krieges weiter stattgefunden hat. Ich gebe dir vollkommen recht, dass die Traumata der beiden Weltkriege noch in uns als den Nachfolgegenerationen hängen. Umso schrecklicher ist es, dass die Menschheit einfach nicht aufhören kann, sich zu bekriegen!
Lieber Sanderling,
vielen dank auch für dein Lob: ja, ich wollte mit Er-Inner- ungen in der Tat auch die transgenerationale Belastung andeuten, die so ein Krieg nach sich zieht. Nicht nur das direkt Erlebte schlummert in uns weiter, sondern bleibt im Innern auch der nachfolgenden Generationen...
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