Aus blauem Himmel scheint der Frost die Blumen, die da stehen zu köpfen, spielend mit der Macht nur im Vorübergehen. Die blonde Meuchelmörderin, in unbewegter Glut, ermisst den nächsten Tag - für Gott. Er heißt das alles gut.
Version 2
Aus blauem Himmel scheint der Frost die Blumen, die da stehen zu köpfen, spielend mit der Macht nur im Vorübergehen. Die blonde Meuchelmörderin, die unbewegte Sonn', ermisst für ihn den nächsten Tag, den billigenden Gott.
Original von Emily Dickinson
Death and Life
Apparently with no surprise To any happy flower, The frost beheads it at its play In accidental power. The blond assassin passes on, The sun proceeds unmoved To measure off another day For an approving God.
was für ein tiefgehendes Gedicht hast du dir da für eine Übersetzung ausgesucht. Ich bin überrascht, wie du es geschafft hast den Text mit einer Reimform, wie im Original, zu übersetzen. Zugegegben: mein Englisch ist miserabel und daher habe ich mir den Text auch von einem Programm übersetzen lassen. Den Sinn konnte ich so halbwegs erfassen, erst bei deiner Übersetzung aber spüre ich auch wie Poesie in den Zeilen schwingt.
Liebe Grüße der Sanderling
PS. Hast du vielleicht mal eine Empfehlung für mich, welche Übersetzungsprogramme was taugen?
deine Übertragung finde ich sehr gelungen. Etwas schade ist, dass man die „blonde Meuchelmörderin“, nicht sofort als Sonne identifizieren kann, wenn man den Originaltext nicht kennt…
danke für dein Lob für mein Wagnis, denn Emily Dickinson gilt als nicht leicht zu übersetzen. Ich habe versucht, ihren Rhythmus möglichst zu erhalten. In den Schlusszeilen musste ich etwas Reim zu Hilfe nehmen, was sie mir hoffentlich verzeihen wird.
Auf die Frage hat dir Gabi schon geantwortet. Beim Übertragen von Gedichten ist für mich ein Wörterbuch besser, und andere Übersetzungen schaue ich erst später an, um nicht in bestehende Bahnen gelenkt zu werden.
Lieber Carlino,
ich hätte die Sonne gerne explizit erwähnt, am liebsten am Zeilenende (Frost, Sonne, Gott), aber keine schöne Lösung gefunden.
Liebe Grüße euch allen Thomas
P.S.: Mir ist nun doch eingefallen, wie die Sonne explizit erscheinen könnte. Das wäre näher am Original. Ich bin mir aber nicht sicher, was besser ist.
Zunächst einmal chapeau, wie du dieses Gedicht übersetzt hast. Lyrische Übersetzungen finde ich enorm schwierig - Ton, Inhalt und Klang zu treffen scheint fast nicht möglich, ist dir hier aber gut gelungen.
Trotzdem fehlt mir hier dieses „Apparently with no surprise“ … wie du das hinbekommen willst, weiß ich auch nicht. Ich könnte mir vorstellen, dass Miss Dickinson die Selbstverständlichkeit meinte, mit der die Blumen dem Frost begegnen.
Ich favorisiere klar Version zwei, ich glaube, das Wort “gut” aus Version 1 wäre Emily viel zu banal erschienen.
Emily habe ich erst kürzlich entdeckt. Sie ist eine wirkliche Bereicherung für mich.
In der Schlusszeile klingt mir beim "approving God" natürlich die "Genesis 1/31" im Ohr: "Und Gott sah alles an, was er gemacht hatte; und siehe da, es war sehr gut." Daher kommt das "gut". Auch kann ich mir vorstellen, dass Emily gut "gut" sagen könnte, da ihre poetische Sprache so herrlich direkt und einfach ist.
Das "apparantly" der ersten Zeile hat es in sich! Im Grund ist diese erste Zeile von der letzten her zu verstehen (wie auch du zu denken scheinst) und Emily erzeugt in ihr eine Ambiguität, die bis zur letzten anhält. Blumen können ja nicht "überrascht" sein, nur Menschen. Wenn sie "dem Anschein nach" nicht überrascht sind, dann fügen sie sich wohl in aller Demut ihrem Schicksal, dass der Himmel schickt, wobei der unabänderliche Lauf der Sonne letztendlich für den Frost sorgt. Dieses hat mich darauf gebracht den Himmel in die erste Zeile zu bringen. Für eine wortgetreue, poetische Lösung ist mir bisher nichts eingefallen.
Das mit dem "wortgetreu" ist ohnehin schwer abzuwägen, ich finde z.B. die zweite Version, welche die Sonne explizit erwähnt, nicht so gut wie die erste, weil sie etwas nach Übersetzung klingt, was die erste meiner Meinung nach nicht tut.
Ein wesentliches Problem beim Übersetzen von Emilys Gedichten scheint mir, dass man ihre damals unheimlich freie, moderne poetische Sprache kaum zur Geltung bringen kann, weil wir heute so gründlich mit Freiem gefüttert sind, dass wir die Feinheit ihrer damals neuen Freiheiten kaum schmecken. Deswegen versuche ich das auch erst gar nicht, sonder mache es einfach so gut es jetzt geht.
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