Selbstverständliches Kindertoben, die Milch fett wie der Krug aus Steingut, das gute Porzellan steht in der Vitrine unangerührt. Risse in der guten Sammeltasse - ein Geschenk der Großmutter, der Kuchenteller zur goldenen Hochzeit – graviert.
Muffig riecht die Kirche. In ihr brannte seit Jahrhunderten kein Weihrauch, benutzt von Bauern – nur, Feiertage sind rar und der Glaube hängt fest am Boden – aber man kann ja nicht Wissen. Die Natur nicht herausfordern, ein Gewitter und schon kippt die Milch. Dickmilch, dick mit Zucker bestreut und abends Bratkartoffeln mit Speck. Noch ist nicht Winter.
Doch die Tage werden kürzer, eingemietet Steckrüben und Kohl. Eine Kirchenmaus kennt viele Schlupflöcher. Wurzeln überstehen auch frostige Zeiten. Nun wird es Zeit Reet zu schneiden.
Lichter der Erinnerung flackerten durch meinen Kopf, dank deiner Szene aus früheren Zeiten. - Vom Quark-machen in der Waschküche. Milch wurde nicht einfach schlecht, sondern verarbeitet. - Deine Bilder sind sowohl konkret als auch frei lassend. Wie die Maus, die sich nicht fangen lässt. - Vielleicht ist das genau die Freiheit, die zwischen all dem beschriebenen in der damaligen Zeit spürbar war. Und heute vielleicht beim Glockengeläut erinnert wird.
lieber Sanderling vielen Dank für Deine Worte. Seit über 40 Jahre fahre ich nur noch zu Beerdigungen in dieses Dorf auf Rügen. So auch vor 10 Tagen. Aber die ganze Beerdigung war so "unwirklich" nicht nur wegen Corona. Eine "Großtante" ist an oder mit Corona gestorben. Die Beerdigung wurde 2 mal verschoben. Die Beerdigung mit der Traueransprache vom Pastor fand nur draußen statt. Der Sohn der Verstorbenen war aber überzeugt, es gibt kein Corona und wenn doch, man hätte bisher alle Krankheiten alleine bekämpft, die Mutter hat einfach Pech gehabt im Leben. Andere Verwandte erzählten, der Sohn hat einfach zu spät einen Arzt geholt. Der Höhepunkt und doch so typisch für dieses Dorf, der Sohn beschwerte sich schon auf dem Weg vom Grab zum Friedhofs-Ausgang, er würde dem Pastor ohne Ansprache in der Trauerhalle ordentlich was von seiner Rechnung abziehen. Aber all dieses muss ich selbst erst verarbeiten. Doch die Gedanken über das Dorfleben sind nur so geflossen. Liebe Grüße Ilona
ich habe einen Vorschlag zu deinem schönen Text. "Kirche" würde ich in der Einzahl lassen und das "hier" streichen, damit der Eindruck so unmittelbar und konkret bleibt, wie im restlichen Text.
Hallo Ilona, ich bin selbst in den 50igern auf einem Dorf aufgewachsen und kann so deine Bilder gut reflektieren. Falls Du noch am Text arbeiten willst, hätte ich ein paar Kleinigkeiten zur Anregung. "die Milch fett wie der Steinkrug" unter einem "fetten" Steinkrug kann ich mir höchstens umgangssprachlich (groß, bauchig) etwas vorstellen. "Risse in der guten Sammeltasse", da wären mir "Sprünge" näher. Was die Bedeutung der Kirche anbelangt, war diese zumindest im katholischen Bayern sehr groß und z.B. der sonntägliche Kirchenbesuch Pflicht. "Dickmilch, dick mit Zucker bestreut", ich mag Lautwiederholungen, vermeide aber Verstärkungen durch gleiche Worte. Vielleicht ist ja was als Anregung für dich dabei. LG Perry
Liebe Ilona, bis zu meinem 9. Lebensjahr bin ich in einem kleinen Dorf direkt an der Zonengrenze aufgewachsen. Dein schönes Gedicht weckt viele Erinnerungen. Unser Dorf hatte etwa 200 Einwohner - fast nur Bauern. Meine ersten drei Schuljahre habe ich in einer einklassigen Volksschule verbracht - ein Lehrer - 40 Schüler - 8 Klassenstufen! Was dieser Mann geleistet hat, ist unglaublich! In mein erstes Zeugnis hat er geschrieben: "Michael ist ein froher, eifriger Schüler". Wenn ich mich in meinen Lesungen vorstelle, beginne ich immer mit: "Ich bin ein schlichter eifriger Dichter ....
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