Glücklich bin ich, wenn du schläfst

Befehlsformen schwirren
durch die Luft

Kinderhände biegen sich
unter gestrengen Blicken
um einen Stift.

Du bist nicht Löwe,
sondern Tölpel,
versteh doch:

mundtot bist du
mir am liebsten.

Anmerkung: das Gedicht bezieht sich auf den Dokumentarfilm „Glücklich bin ich, wenn du schläfst“, der den Drill und Druck zeigt, unter dem chinesische Grundschüler stehen.


Ampelfarben

Hoffnung weht
ampelfarben
durch die Republik.

Fichten verlieren ihr Kleid,
während schale Versprechungen
durch das Tal hallen.

Kassandra windet Weissagungen
um Laternenpfähle, die
vor Müdigkeit einknicken.

Es dunkelt in meinem Garten.


© anna a.

Liebe anna,

beide Gedichte sezieren und präparieren den gegenwärtigen Zustand der Welt präzise heraus, ebenso auch deine/unsere Gefühlslage, die beim Betrachten dieses Trauerspiels entsteht…

Hervorragend!

Liebe Grüße aus Lüli
Karlheinz

Lieber Thomas, lieber Carlino,

ich danke euch für eure Kommentare und dafür, dass ihr euch auf diese Aufgabe eingelassen habt. An der Stelle muss ich gestehen, dass ich mich selber wahnsinnig schwer damit getan habe, ein politisches Gedicht zu schreiben, denn was ist schon politisch? Und was nicht?

Der zündende Gedanke kam mir dann gestern bei einer Autofahrt und dann floss es aus mir heraus. Dass die beiden Gedicht zusammenhängen könnten, ist ein neuer Aspekt, den ich so noch nicht wahrgenommen hatte. Vielen Dank dafür.

Liebe Grüße

anna a.

Liebe anna,

die Idee, zwei Themen-Gedichte, aus unterschiedlichen politischen Systemen hier einzustellen, war eine gute, finde ich. Hier das offenkundig Erniedrigende, dort Halbwahrheiten, die die Zukunft wahrscheinlich schönreden.
Trotz großer Unterschied können beide Wirklichkeiten belasten. Ein tolles Ergebnis, Anna.

Liebe Grüße
der Sanderling