Liebe Ilona, dein Text, der offenbar von einem Abschied handelt, weckt in mir Widerspruch. Das sollte er nach unseren Regeln für das Kommentieren erst einmal nicht. Deshalb stelle ich ihn auch vorerst zurück. Ich will ehrlich sein. Dein Text wirkt auf mich irgendwie konstruiert. Ich habe den Eindruck, - die Phantasie, es könnte sich um eine "Auftragsarbeit" handeln. Denn, trotz der offensichtlich tiefen Ebene des Erlebens, erreicht mich keine Tiefe des lyrischen Ichs. Ich habe keine Idee was anders sein könnte außer, der vorerst vielleicht selbstkritischen Frage nach der eigenen Motivation für diesen Text. Die muss an dieser Stelle natürlich nicht offenbart werden. - Vielleicht ließe sich die Aussage durch Kürzung reduzieren und konzentrierten. Keine Ahnung, ich habe nur mein Erleben schildern wollen. Mein Widerspruch hat sich nun verflogen. herzliche Grüße, der Sanderling
mich spricht Dein Gedicht unmittelbar an und ich finde es in sich stimmig. Einen kleinen Änderungsvorschlag hätte ich: im Hals erstickte Worte ohne "n" wäre für mich noch "stimmiger"
Liebe Grüße aus Samothraki, wo gerade die Vögel zwitschern Karlheinz
Sanderlings am Ende aufgelösten Widerspruch habe ich auch empfunden und glaube, dass die Ursache in der Vielzahl der poetischen Bilder liegt, die nebeneinander gesetzt sind und nicht auseinander hervorgehen, man muss da erst "durchsteigen". Um das zu prüfen, habe ich versucht, alles auf nur ein Bild zu reduzieren und lomme auf die folgende minimalistische Version.
....es schmerzt
Abgefahren der Zug, Waggons erstickter Worte, im Gepäck eingefallene Kartenhäuser. Wird es wieder Licht am Ende des Tunnels?
Das erzeugt weniger Spannung, was du jedoch vielleicht gerade haben willst.
dieser Text ist vor einigen Jahren in einer Ausnahmesituation in nur einer Nacht entstanden. Ein Familiendrama in dem es Beschuldigte und Opfer gab. Die Familie hatte aus Scham und aus Angst des völligen Zerfalls der Familie sich nie dazu durchringen können den Fall offen auszusprechen und die angebliche Tat (es ging um Vergewaltigung) im Familienkreis aufzuklären. Was nicht sein darf ist nicht. An diesem Abend erfuhr ich, die Jenige, die es hätte aufklären können, hat sich das Leben genommen. Hat ihre Anklage nach 20 Jahren erst kurz vor ihrem Selbstmord formuliert. An diesem Abend ist meine Großfamilie auseinander gebrochen. Eine Aufklärung wird nie mehr möglich sein. Die Beschuldigten werden ihr Leben mit einem untilgbaren Makel leben müssen. Ich habe bei mir selbst bemerkt, je mehr mich eine Situation betrifft, mich aufwühlt, desto mehr versuche ich in Bildern zu schreiben. Die Geschehnisse nicht beim Namen zu nennen. Ich glaube, ich sollte solche Gedichte doch lieber in meiner Schublade versteckt halten. Da tut sich bei mir die Frage auf, gibt es Gedichte, die nur der Autor selbst ganz erfassen kann? Oder ist es nicht eigentlich unwichtig für den Leser aus welcher Situation ein Gedicht entstanden ist? Oder ist es so, dass ein Leser immer Bilder anders liest als ein anderer Leser? Danke euch allen fürs Lesen. herzlich Ilona
Liebe Ilona, dein Gedicht ließ mich auch etwas ratlos zurück, was sicher daran liegt, dass ich mit freier Lyrik recht wenig anfangen kann. Jetzt, da du den Hintergrund schilderst, wird der Inhalt klarer.
Zu deiner Frage: Leser sollten vom lyrischen Ich ausgehen. Darum ist es gleichgültig, welche Bilder, Empfindungen … geschildert werden, wichtig ist allein die Qualität. WIE ein Werk gelesen und aufgenommen wird, bleibt darum vielfältig. Ob ein Autor seine persönlichen Erlebnisse zusätzlich öffentlich preisgeben möchte, liegt in seinem Ermessen, für notwendig halte ich es nicht. Ich besitze einen dicken Ordner mit vielen Gedichten, die ich niemals preisgeben werde, weil sie höchst persönlich sind, mir jedoch durch die intensive Beschäftigung bei manchem Problem sehr geholfen haben. Herzliche Grüße, Heliane.
Mich spricht dein Gedicht sehr an. Einzig der Zeitenwechsel von Vergangenheit ins Präsens hat mich irritiert.
Angesichts der Dichte der Bilder würde ich " und tut so weh" weglassen, das erklärt sich von alleine , finde ich und wirkt unausgesprochen oft stärker.
Liebe Ilona, Heliane schrieb in ihrem Kommentar, dass sie einen ganzen Ordner voller unveröffentlichter Gedichte hat. So sind die Menschen. Der eine tut dies, der andere das. Vielleicht verrät dir dein Gefühl manchmal auch erst nach dem Einstellen, wie du ein nächstes Mal, mit einem anderen Thema, damit umgehen wirst. Ich find diesen Weg völlig ok. Und, die Leser denkern ohnehin was sie wollen. herzliche Grüße, der Sanderling
liebe Anna, ich habe die Zeiten geändert. Es passte wirklich nicht. liebe Heliane, Du hast Recht. Eigentlich mag ich es auch nicht Gedicht aus meine Sicht zu erläutern.
dein Gedicht hat zu einer interessanten Diskussion geführt, welche mich daran erinnert hat, dass ich vor langer Zeit ein Zitat von Friedrich Schiller las, welches mich damals sehr überrascht, ja schockiert hat. Ich habe das Zitat in der Rubrik "Über Dichtung" eingestellt. Mir geht es ähnlich wie Heliane, denn bisweilen stelle ich Gedichte, die ich im Affekt geschrieben habe zurück. Leider gelingt mir das nicht immer, weil ich in das Thema so involviert bin, dass ich es nicht merke. Ich habe jedoch festgestellt, dass sich aus diesen zurückgestellten Dingen später einige (teilweise völlig anders gearteten) Gedichte entwickelt haben, die ich als die besten meiner Gedichte empfinde. Ob sie das auch wirklich sind, ist schwer zusagen. Auf alle Fälle lohnt es sich, über Schillers paradoxe Worte nachzudenken.
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