Dornböschen erwacht

Auffahrt durch ein Tor mit Pfeilern windet sich durch Park und Hain
Regen, Donner, Blitze krachen, Wetterleuchten, Gottfrieds Pein
Pelerine, nässetriefend, Hut tief in die Stirn gedrückt,
Schwarzer Rappen, Hufschlag, Schnauben, Gottfried geht zu Fuß ein Stück:

Schlösschen hinterm Rosentraum, Rankenwuchs, man sieht es kaum,
Türme ragen, Erker springen, Fensterhöhlen, Zinnen dringen
In die schimmernd blaue Nacht, fast vorbei die alte Pracht,
Nur des Giebels morsche Balken knacken dumpf, den Boten packen
Furcht und Angst, im Licht von Fackeln sieht er einen Diener wackeln
Mit dem Kopf, wo bleiche Wangen über Knochenschultern prangen,
Und der winkt dem nassen Boten, ihm zu folgen mit zwei Pfoten,
Welche Katzentatzen gleichen...geht hier einer über Leichen?
Ist sein Herr der wilde Leu, eine Bestie, deshalb scheu,
Oder gar Graf Dracula, den man lange nicht mehr sah?

Gottfried, der vor Schreck fast tot, folgt dem Diener und wird rot
Vor ihm liegt im Rosensaal - wunderschön, doch etwas fahl -
Eine Braut, frisch aufgebahrt, rote Haare, Haut sehr zart.
Als er tritt an sie heran, greift sie nach ihm, packt ihn an,
Öffnet Augen, zeigt Gebiss, unser Mann bekommt jetzt Schiss!
Gottfried schiebt ihr das Kuvert in den Rachen - danke sehr! -
Und ihn packt das kalte Graun, ist dann blitzschnell abgehaun ...

Lieber Karlheinz,

eine dunkle Wendung und etwas enttäuschen für das Märchen und besonders für das Röschen. Schläft sie daraufhin nun weiter?
Ich zumindest fand es lustig! Gut zu lesen und mit Pfiff!

Herzlichst Günter

Lieber Günter,
vielleicht hast Du bemerkt, dass ich hier verschiedene Märchenmotive miteinander ironisch vermischt habe! Und es heißt ja Dornböschen nicht Dornröschen wacht auf! Und natürlich wartet sie auf den nächsten Boten, Abgesandten oder Prinzen, den sie beißen wird!

Danke für Deinen Kommentar und Guten Morgen aus Lützellinden
Karlheinz

Lieber Karlheinz, ich habe erst auf den zweiten Blick den geänderten Titel erkannt. Das Gehirn neigt halt dazu, nach ein paar Buchstaben den Aha-alles klar Gedanken loszuschicken. Als ich dann dein Gedicht las war mir klar, ein so böses Dornröschen gibt es nicht und dann der Rachen und das Gebiss im fahlen Antlitz. Clever vom Dornböschen ihr Schloss mit Rosen zu tarnen und so ahnungslose Opfer anzulocken. In unserer Zeit, stände am Eingang für die Touristen noch ein Hinweisschild "Hier entlang, bitte einzeln eintreten!" Das hast du ganz toll geschrieben, ich habe mal wieder herzhaft gelacht und mich kein bißchen gefürchtet vor der Braut.
LG Heike

Liebe Heike,

der Titel wurde nicht geändert, er war von Anfang an so!

Vielen Dankbfür Dein Lob!

Grüße aus dem herbstlich tristen Lützellinden von
Karlheinz