Zu spät ( Chevy Chase Verse)

Und als er sieht auf jene Flut,
da fühlt er sich so frei.
Er ist kein Held, ihn trägt kein Mut.
Rief er sie gar herbei?

Die Flut rollt an, sie steigt und nimmt
sich fraglos, was sie will.
Er steht, als wäre es sein Los.
Er steht und schaut ganz still.

Er lächelt, als sie ihn erfasst.
Noch einmal schaut er auf
zum Firmament, zum weiten Blau.
Es spiegelt Lebenslauf.

Da packt sie ihn, sie zieht ihn hin,
leiht ihrer Wellen Leicht.
Er muss nichts mehr, er braucht nichts mehr.
Ein Sanftes wiegt ihn seicht.

Am Morgen fragt ein Mann im Dorf,
ob hier ein Fremder war.
Er murmelt schuldbewusst und leis:
„Ein Greis mit weißem Haar.“.

Liebe Koko,
na super, sehr gut gelungen! Ist eine schöne Strophenform, nicht wahr?
Es gibt überhaupt nichts an deinem "Versuch" zu meckern. Nur der Schluss ist mir etwas unklar: Wer stellt dem alten Mann im Dorf die Frage? Stellt er sie sich selbst und gibt sich die Antwort oder gibt er sie einem Frager?
Herzliche Grüße,
Heliane.

Liebe Koko,

den Selbstmord eines alten lebensmüden Mannes hast Du ergreifend dargestellt. Gefällt mir!
Für die vierte Strophe habe ich eine Alternative.

Da packt sie ihn, umspült in kühl
mit ihren Wellen leicht
befreit von muss, ist sein Gefühl.
Sanft Druck vom Dasein weicht.

LG Hans

Liebe Heliane, Thomas und Hans,

danke, dass ihr euch meines ersten ChevyVersuches annehmt. Ja, ist eine schöne Form. Gerade für Balladen.

Nicht der alte Mann wird gefragt, liebe Heliane, sondern ein Fremder fragt nach ihm im Dorf nach, ein Suchender.
Es ging mir darum, verschiedene Intepretationsmöglichkeiten in das Werk zu legen, die den Umgang mit alten Menschen betreffen.

Ob der Mann, der ihn sucht, Sohn vielleicht, schuldig ist oder nicht, wird nicht gesagt, nur, dass er sich so fühlt.
Gerade Menschen, die pflegen, fühlen sich immer auch schuldig, sie meinen immer, sie hätten nicht genug getan. Ich kenne das selbst von mir...
Andererseits gibt es Kinder, Verwandte, die sich tatsächlich nicht um ihre Eltern kümmern, wenn sie alt sind.
Zum Dritten gibt es alte Menschen, die begründet oder nicht, jedoch subjektiv keinen Sinn mehr in ihrem Leben sehen. Auch zu diesen könnte der Greis gehören.
Ich lasse das bewusst offen, um dem Werk mehr interpretativen Spielraum zu geben.

Letztlich ist es seine Enscheidung und er fühlt sich dabei frei. Wenn ich an die armen Menschen denke, die gegen ihren Willen jahrelang totgepflegt werden, ist er wirklich noch glücklich dabei.
Darum habe ich die vorletzte Strophe nocheinmal als Verstärkung der 1. geschrieben. das Meer empfängt ihn sanft,
Worte wie seicht, leicht sind positiv.

Ich nehme mir von deinem Ei, lieber Thomas, das Gelbe, nämlich das "erreicht".
Was haltet ihr von:

Da packt sie ihn, sie zieht ihn hin,
hat bald ihr Ziel erreicht.
Er muss nichts mehr, er braucht nichts mehr.
Sie wiegt ihn sanft und leicht.

Naja, das "seicht" hat für dich einen negativen Beigeschmack. Aber die Flut ist ja nicht wirklich nett. Auch wenn sie ihm einen Gefallen tut, so bringt sie ihn doch um...

Auch bei dir, lieber Hans, möchte ich mich bedanken für dein Lob und deinen Vorschlag. Da wir da aber ein paar Inversionen drin haben, weiche ich, wenn eher auf die obige Variante aus. Muss noch überlegen...


Liebe Grüße euch in ein hoffentlich noch schönes WE von Koko

Liebe Koko,
du hast ein sensibles Thema gewählt und es schön in Verse gepackt. Ich denke der Alte hat bewußt diesen Tod gewählt, was sein gutes Recht ist. Unsere Gesellschaft ist doch selber Schuld an der ganzen Todpflegerei. Für ewig jung! Nur hat man vergessen (oder sagt es nicht) das unser Körper trotzdem altert. Sogar durch gesunde Lebensweise und trotz Sport. Oft sogar schneller durch zu viel Sport. Alle Organe altern, das ist völlig normal und gehört mit zur Vorbereitung auf den Tod. Zum Ende verliert der Mensch nicht ohne Grund das Verlangen nach Trinken und Essen. Das ist eine Hilfe für den Menschen, der im Sterben liegt und es macht ihm auch nichts aus. Alles was wir dagegen unternehmen ist Körperverletzung. Und die am meisten Körperverletzung begehen sind die Ärzte, mit ihren Operationswahn. Hauptsache noch schnell etwas Geld verdienen mit Gelenkersatz auch wenn der alte Mensch schon leicht dement ist und nach der Narkose gar kein Hirn mehr hat. Noch besser, 90 Jahre, Herzstillstand, wiederbelebt, neue Herzklappe und danach????? Das und schlimmeres erlebe ich täglich an meiner Arbeit.

Da packt sie ihn, sie zieht ihn hin,
leiht ihre(r)? Wellen Leicht.
Er muss nichts mehr, er braucht nichts mehr.
Er hat sein Ziel erreicht.

LG Heike

ich gebe dir vollkommen recht, liebe Heike mit der Pflegerei. Habe deinen Kommi irgendwie übersehen. Tschulligung
Für mich ist seicht nicht so negativ belastet wie scheinbar für euch. darum würde ich es ganz gerne so belassen.
Lieben Dank dir, dass du dir Gedanken gemacht hast und lG von Koko