Gesichtslos fängt die Woche meistens an. Am Montag quält man sich, es muss ja sein, auch wenn man ihn zumeist vergessen kann. Ja, so ein Montag ist ganz schön gemein.
Am Dienstag ist es schon, als ob nichts war. Die Arbeit flutscht, wie immer brüllt der Chef, heut schlecht gelaunt, doch schön berechenbar, man hat sich schon gewöhnt an sein Gekläff.
Am Mittwoch ist man in der Woche drin, das ist ein Tag, den man zu Recht vergisst. Auch er muss sein, man kommt da nicht umhin, auch wenn man seinen Sonntag schon vermisst.
Den Donnerstag, den schreibt man meistens ab. Passiert ja nichts, was im Gedächtnis bleibt, auch mit der Arbeitslust wird's langsam knapp. Verlangt ja keiner, dass man übertreibt.
Am Freitag ist die Woche fast schon rum, und man riskiert auch mal den Blick zur Uhr. Man schlägt noch einmal kräftig zu – kurzum, man setzt beim Chef sich hübsch in Positur.
Am Wochenende ist man halb gelähmt, man fühlt sich fremd, wie unter einem Bann. Es ist, als ob man sich der Faulheit schämt. Und Montag fängt die nächste Woche an.
dein Gedicht habe ich schmunzelnd gelesen. Ja,ja, von solch einer Woche muss man am Wochenende einfach total kaputt sein. Der Reim Chef-Gekläff gefällt mir besonders.
Liebe Priska, solche Wochen gibts, zum Glück hats auch andere . Schön aufgepiekt und treffend formuliert. Was mir nicht besonders gefällt, sind die vielen "man". Ich zähle in 24 Versen 15 Mal dieses lyrische "Unwort". Du könntest es ganz einfach durch "ich" oder "wir" ersetzen, was meinst du? Ich habe dein Gedicht grinsend und mit zustimmendem Kopfnicken gelesen, hat Spaß gemacht . Herzliche Grüße, Heliane.
ja, so ist das Arbeitsleben, von Montag bis Freitag. Der Rest ist das, was man landläufig als sein Leben bezeichnet.
Hallo Medusa,
deine Frage zu dem unbestimmten Personalpronomen "man" ist mir nicht neu. Irrtümlich wird angenommen, dass man mit diesem "man" ein "ich" vermeiden will. Schon in der Schule wurde uns gesagt: Man sagt nicht man!
Das "man" wird vor allem eingesetzt als eine unbestimmte oder allgemeine Mengenbezeichnung, bezogen auf den Menschen. In meinem Gedicht will ich mit dem "man" ausdrücken, dass es jedem von uns so geht (sofern er noch eine Arbeit hat). Mein Duden bringt als Beispiel für die Erklärung des "man": allgemein wird gesagt.
Hier nun also ein "du" oder "ich" einzusetzen, wie du vorschlägst, das würde der Aussage die Allgemeingültigkeit nehmen, die ich ja mit diesem Gedicht beabsichtige. Würde ich das Gedicht auf das LI beschränken, wäre es ja im Grunde völlig uninteressant, und statt 15 mal "man" stünde da vielleicht 15 x "ich", falls ich das Gedicht dann noch geschrieben hätte.
Liebe Priska, es ist zutreffend, was du über das "man" schreibst. Die Häufung könnte vielleicht als Prosatext funzen, in einem Gedicht mit 5-hebigen Versen in dieser Menge nicht wirklich. Du kannst sehr wohl mit Personalpronomen, davon gibt es mehrere, Allgemeingültkieit erzielen, indem du die Leserin zu einem Kopfnicken anregst . Es ist natürlich Geschmackssache, mir gefällts nicht. Herzliche Grüße, Heliane.
selbstverständlich ist meine Erläuterung des "man" in diesem Gedicht zutreffend. Was aber den Gebrauch in einem Gedicht mit fünfhebigen Jamben angeht, so habe ich da begründeterweise eine gänzlich andere Ansicht als du und mit mir etliche andere, sehr prominente Lyriker. Ich verweise auf Tucholsky, Mascha Kaleko, Erich Kästner usw. Tucholsky hat zum Beispiel in einem Gedicht 25 Mal "man" benutzt, ich habe es nachgezählt, auch Mascha Kaleko benutzte sehr oft den umfassenden Begriff des "man", und bei Erich Kästner sieht es genauso aus. Die Vorstellung "Man sagt nicht man" gehört in den Bereich der Legenden, die sich trotz aller Gegenbeweise immer wieder halten.
Wir hoffen, dass dir unser Forum gefällt und du dich hier genauso wohlfühlst wie wir.
Wenn du uns bei der Erhaltung des Forums unterstützen möchtest, kannst du mit Hilfe einer kleinen Spende dazu beitragen,
den weiteren Betrieb zu finanzieren.
Deine Spende hilft!
Spendenziel: 144€
35%
Forum online seit 10.11.2013 Design by Gabriella Dietrich