ich sitze seit mehreren Wochen an diesem einen Gedicht und es will mir nicht so richtig von der Feder gehen, daher wende ich mich nun an Euch alle, um vielleicht etwas Kritik und Anregung zu bekommen, wie man es perfektionieren kann. Vorab: Es geht mir weniger um die Message als um das Erzeugen einer traurigen und definitiven Stimmung. Eine Message ist zwar auch drinnen, die aber für den Leser interpretatorisch festzulegen bleiben soll. Mein Augenmerk liegt eher darauf, eine gewisse unabänderliche Stiimung zu halten, die keine Aussicht auf Besserung zulässt. Hier also nun mein vierter oder fünfter oder was auch immer ( ) Versuch:
Entweder so oder nicht
Mein Herz schlägt ohne zu schlagen In totem Puls aus rotem Meer. Still - der qualvollen Fragen Marternde Schwere plagt mich zu sehr.
Auf wahrhafte Gnade der Welt Hoffte und doch glaubte ich nicht. Ja, Schmerz und Erwartung zerschellt; Gottlob, gezapftes Gleichgewicht!
Kein Mensch versucht zu verstehen - Ein lautloser Schrei voll von Schmerz Gelingt es Dir nicht, es zu sehen, Das voll Liebe nicht liebende Herz?
Wer bin ich denn nun, was soll ich bloß sein? Ich wähle gezwungen und hab' keine Wahl Ertrage die lieblose Pein Und der Wahrheit schmerzende Qual.
Was wird denn je für mich gelten? Will nicht so und nicht sein - Und so wandle ich zwischen den Welten Und ich wandle, ja, ich wandle allein.
Wenn ich merke, dass bei mir so ein wichtiges Gedicht nicht richtig läuft habe ich erfahren, dass ich dann mit widerstreitenden Gefühlen zu tun habe und ich mich nicht einigen kann. Für mich leuchtet diese Erfahrung auch aus dem zweiten Vers, der einen Ausweg aus der Traurigkeit zu versuchen scheint. Dann noch eine Anmerkung, einen toten Puls gibt es definitiv nicht, vielleicht : ermattet, erstrebend? Am besten gefällt mir die letzte Strophe und kann es nachempfinden.
ich habe mich sehr gerne mit deinem Gedicht befasst, da mich der Titel in seiner Ambivalenz sehr ansprach. Es ist bitte nur ein Vorschlag, einige Worte habe ich geändert oder umgestellt ( zum Beispiel die Doppelung von voll) .
Die letzte Strophe fand ich perfekt.
Herzliche Grüße
Anna
Mein Herz schlägt ohne Puls Impulsen lauschend aus rotem Meer. Stille - der quälenden Fragen drängende Schwere plagt mich zu sehr.
Auf wahrhafte Gnade der Welt Hoffte und glaubte ich doch nicht. Ja, Schmerz und Erwartung zerschellt; Gottlob, gezapftes Gleichgewicht!
Kein Mensch versucht zu verstehen - Ein stummer Schrei gefüllt mit Schmerz Gelingt es Dir nicht, es zu sehen, Das trotz Liebe nicht liebende Herz?
Wer bin ich denn nun, was soll ich bloß sein? Ich wähle gezwungen und hab' keine Wahl Ertrage die lieblose Pein Und der Wahrheit schmerzende Qual.
Was wird denn je für mich gelten? Will nicht so und nicht sein - Und so wandle ich zwischen den Welten Und ich wandle, ja, ich wandle allein.
habe Dein ausdruckvollen Gedicht für folgenden Betonungsrhythmus nachfolgend leicht vorschlagsweise abgeändert. xXxXxXxXx xXxXxXxX xXxXxXxXx xXxXxXxX
ZitatMein Herz schlägt ohne zu schlagen In totem Puls aus rotem Meer. Still - der qualvollen Fragen Marternde Schwere plagt mich zu sehr.
Ich spür mein Herz, doch nicht sein Schlagen. Ein toter Puls im Roten Meer. Dann qualvoll ruhig kommen Fragen sie plagen marternd mich zu sehr.
ZitatAuf wahrhafte Gnade der Welt Hoffte und doch glaubte ich nicht. Ja, Schmerz und Erwartung zerschellt; Gottlob, gezapftes Gleichgewicht!
Von wahrhaft Gnade aller Welten bezog ich Hoffnung, Glauben nicht. Erwartung und der Schmerz zerschellten, gezapft aus göttlich Gleichgewicht.
ZitatKein Mensch versucht zu verstehen - Ein lautloser Schrei voll von Schmerz Gelingt es Dir nicht, es zu sehen, Das voll Liebe nicht liebende Herz?
Kein Mensch versucht ihn zu verstehen, den leisen Schrei so voller Schmerz. Gelingt es euch nicht es zu sehen das schlagend, liebevolles Herz?
ZitatWer bin ich denn nun, was soll ich bloß sein? Ich wähle gezwungen und hab' keine Wahl Ertrage die lieblose Pein Und der Wahrheit schmerzende Qual.
Wer bin ich denn, was soll ich werden? Der Zwang vertreibt mir jede Wahl! Ertrag ohn Liebe Pein auf Erden so wie der Wahrheit schmerzend Qual!
ZitatWas wird denn je für mich gelten? Will nicht so und nicht sein - Und so wandle ich zwischen den Welten Und ich wandle, ja, ich wandle allein.
Was könnte denn je für mich gelten? Will nicht so, will nicht mehr sein! Und wandle ich auch zwischen Welten, so treib ich einsam dort allein.
Hallo Eminenz, ich könnte mir für dein Gedicht längere Verse mit mehr Hebungen gut vorstellen (Terzinen, Sonette) und dafür ausschließlich Jamben (xXxXxXxXxXx) mit klingenden Kadenzen vorschlagen. Falls du mit den Verslängen und den Kadenzen spielen möchtest, eignen sich auch Alexandriner sehr gut. Denkbar sind zudem Verse in Freier Lyrik. Hier als Beispiel deine erste Strophe:
Mein Herz schlägt ohne zu schlagen xXxXxxXx Unbetonter Auftakt, drei Hebungen, klingende Kadenz, erste Versfüße im Jambus; „ohne zu schlagen“ = Daktylus. Der Daktylus „schwingt“ und hebt die elegische Stimmung des etwas Jambus auf. In totem Puls aus rotem Meer. xXxXxXxX Unbetonter Auftakt, vier Hebungen, stumpfe Kadenz. Still - der qualvollen Fragen XxXxxXx Betonter Auftakt, drei Hebungen, klingende Kadenz, erste Versfüße im Trochäus = fordernd, bestimmend, hart. Marternde Schwere plagt mich zu sehr. XxxXxXxxX Betonter Auftakt, vier Hebungen, stumpfe Kadenz, erster und letzter Versfuß im Daktylus.
Für traurige, gefühlvolle Themen wie deines, eignen sich Jamben mit klingenden Kadenzen besonders gut. Der Text soll fließen, was nur mit gleichbleibendem Metrum geschieht.
Das „gezapfte“ in S2 V4 passt nicht ins Gedicht und in S2 V3 zerschellen Schmerz und Erwartung, alle anderen Verse sind sehr schön formuliert.
Vielleicht magst du bei den „Gedicht- und Strophenformen“ (bitte anklicken) nachschauen? Dort findest du viele Anregungen, Erklärungen und Beispiele. Mir hilft es übrigens oft, ein Gemälde eines Romantikers, C.D. Friedrich beispielsweise, anzuschauen.
Ich wünsche Dir viel Erfolg. Herzliche Grüße, Heliane.
erst einmal vielen, vielen Dank für die zahlreichen Rückmeldungen - Ihr seid einfach klasse!
@Medusa: Tolle Vorschläge, ich habe Welt und zerschellt in den Plural abgeändert und auch das Zapfen ersetzt - Du hattest recht, es passte irgendwie nicht so ganz - aber ich fand den Vergleich einfach so schön.
@Hans Plonka: Deine Vorschläge sind echt super, aber sie verändern mein Gedicht so stark, dass ich es leider nicht mehr als mein eigenes wiedererkenne. Außerdem gehen Deine Vorschläge soweit, dass auch der Inhalt verdreht wird und ich nicht mehr vermitteln kann, was ich gerne vermitteln möchte. Dennoch habe ich mir Deinen S1V2 ausgeborgt, er gefällt mir besser als mein eigener.
@anna a.: Du hast recht, die Dopplung mit "voll" ist nicht so schön. Ich habe dazu mal eine eigene Alternative eingefügt.
Entweder so oder nicht
Mein Herz schlägt ohne zu schlagen Ein toter Puls in rotem Meer. Still - der qualvollen Fragen Marternde Schwere plagt mich zu sehr.
Auf wahrhafte Gnade der Welten Hoffte und doch glaubte ich nicht. Und Leid und Erwartung zerschellten An flüssig verleugnendem Gleichgewicht.
Kein Mensch versucht zu verstehen - Ein lautloser Schrei und der Schmerz Gelingt es Dir nicht, es zu sehen, Das voll Liebe nicht liebende Herz?
Wer bin ich denn nun, was soll ich bloß sein? Ich wähle gezwungen und hab' keine Wahl Ich ertrage die lieblose Pein Oh - der Wahrheit schmerzende Qual.
Was wird denn je für mich gelten? Will nicht so und nicht sein - Und so wandle ich zwischen den Welten Und ich wandle, ja, ich wandle allein.
mir ging es darum Dein Gedicht in einen für alle Strophen gleichen Betonungsrhythmus umzuschreiben. Leider habe ich dabei nicht geschafft die Aussage (Ausdruck) gleich zu belassen. Es sollte vorrangig ja auch ein Beispiel sein.
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