Bisweilen sind die Ornis jeck, sowohl zu Karneval als auch in der Fastenzeit. Zu dieser Gruppe der Himmelsgucker zähle ich mich auch. Sie sind deshalb jeck, da sie besonders oft den Seltenheiten der Vogelwelt zugewandt sind, und um sie zu sehen, einiges an Aufwand in Kauf nehmen. Ich denke nur an den Mornellregenpfeifer, der vor Jahren einmal in einem Viersener Acker entdeckt wurde und zu ganzen Völkerwanderungen von Ornis und Fotografen Anlass gab. Mit Recht müssen wir Ornis uns fragen lassen, wo die Liebe zur Natur beginnt und wo diese Liebe für die Natur zur Last wird. Denn Völkerwanderungen ist hierbei nicht ganz wörtlich zu nehmen. Auch der Ornithologe benutzt gerne das Auto, und so reihten sich damals die Autos auf dem Feldweg in Viersen-Hagenbroich hintereinander auf, wie die Perlen auf einer Kette.
Manchmal glaubt ein Vogelfreund sogar, er könne die Begegnung mit einer besonderen Spezies planen. Frei nach dem Motto von Fritz Pölking, einem alten Hasen der Vogelfotografie und des Naturschutzes, "sei vor dem Vogel da". Was aber soll das genau heißen? Ein Beispiel: In einem besonderen Naturschutzgebiet im Krefelder Norden wird seit vielen Tagen immer wieder eine Kornweihe gesichtet. Kornweihen brüten hier nicht, überwintern hier aber und ziehen dann Ende März weiter in ihre Brutgebiete. Da ich selbst die Kornweihe meist kurz vor Sonnenuntergang beobachtete, plante ich unsere nächste Begegnung am Frühstückstisch. Frei nach dem Motto: der frühe Vogel fängt den Wurm, machte ich mich am Morgen des 3.3.25 warm angezogen auf den Weg zum Egelsberg, in Krefeld. Meinen Standort des Wartens plante ich auch genau, schließlich ist es ja nicht egal aus welcher Richtung die Sonne auf das Objekt der Begierde scheint. Und das Morgenlicht zaubert bekanntlich wunderbare Farbtöne auf die ohnehin bildhübsche, aber auch irgendwie geheimnisvolle Kornweihe. Das Gesicht des Weibchens hat eine eulenartige, düstere Maske. Und so fragten sich alle Frühsportler am Berg, wer denn dieser Typ am Feldrand wohl ist, der morgens um 8.30 Uhr bei Temperaturen um den Gefrierpunkt, in grüner Kleidung regungslos auf seinem Klapphocker sitzt und sonst nichts tut, außer zu warten und freudig bereit zu sein.
Und so sah ich wie die Sonne langsam aufstieg, was mir die Zunahme der Farben des Ackers verriet und die Bäume vor mir, da ich die Sonnen im Rücken hatte. Es zogen Möwen über mir am Himmel und viele Rabenkrähen spektakelten in der Ferne. Der Frost auf den abgestorbenen Senfpflanzen auf den Feldern verlor zunehmend seinen Glanz und schmolz dahin.. – So sehr der Wunsch nach einem Rendezvous mit der Kornweihe in mir auch immer noch lebendig war, so wenig schien dies die Kornweihe zu interessieren. Wir hatten kein Date!
Doch Ornis haben Geduld. Noch am Nachmittag des gleichen Tages stand ich wieder am Berg und wartete. Denn, kurz vor Sonnenuntergang, gegen 18 Uhr, war sie nun schon an zwei Tagen aufeinanderfolgend immer wieder jagend über die Felder und Äcker gezogen. Und auch an diesem Nachmittag wurde meine Geduld belohnt. Im Rot des Abendlichts blitzte am Himmel aus der Ferne plötzlich ein bisschen Weiß auf. Die Kornweihe hatte einen Haken geschlagen und die weiße Stelle ihres Bürzels leuchtete mir entgegen. Und so folgten dann aufgeregte Minuten der Beobachtung und des Fotografierens. ICH, feststehend, an einer geschützten Stelle unter Bäumen, SIE absolut aktiv über die sanften Höhen des Egelsberges ziehend, noch etwas Nahrung suchend, bevor die kalte Nacht Anfang März wieder aufsteigen würde.
Meine Quintessenz für den Tag. Ein Rendezvous sollte nie einseitig geplant werden, da das die bereitwillige Beteiligung der Partner eindeutig einschränkt. Und man sollte immer auch das Glück bitten, sich dazu zu gesellen. Eins habe ich aber wieder einmal gelernt: Vögel erscheinen nicht auf Bestellung und Ornis sind hoffnungslose Optimisten. Gut so!
als Natur- und Tierliebhaber kann ich der Begeisterung deines Li's absolut folgen. Aber stundenlang auf die Lauer legen, wie beim Vögel beobachten oder beim Angeln wäre jetzt nicht so meins. Aber du hast es schön und nachvollziehbar geschildert und man hört aus jeder Zeile die Liebe und die Ehrfurcht zu den Flattermännern.
was für eine wunderbare Beschreibung einer Vogelbeobachtung. In mir ist es ganz ruhig geworden während des Lesens und ich dachte an Zeiten, an denen ich auch stundenlang einfach auf einer Bank saß und die Umgebung beobachtet habe. Du hast mich ermuntert, genau dies wieder zu tun....
Vogelbeobachtung ust eine schöne Möglichkeit in eine meditative Haltung zu kommen und ganz im Hier und Jetzt zu bleiben. Erholsam, in aufregenden Zeiten. - Vielleicht lesen wir dan ja bald deine Eindrücke von einer Bank in der Sonne.
Wir hoffen, dass dir unser Forum gefällt und du dich hier genauso wohlfühlst wie wir.
Wenn du uns bei der Erhaltung des Forums unterstützen möchtest, kannst du mit Hilfe einer kleinen Spende dazu beitragen,
den weiteren Betrieb zu finanzieren.
Deine Spende hilft!
Spendenziel: 144€
63%
Forum online seit 10.11.2013 Design by Gabriella Dietrich