(Hatem) Hatem hab ich mich genannt und Suleika war ihr Name. Hundert Briefe schrieb ich ihr, Antwort war mir stets gewiss.
Endlich hat sie zugestimmt: Tête-à-Tête ist angesagt. Günstig ist die Jahreszeit, mittags wollten wir uns treffen hoch im Norden, nah bei Bosau.
Innere Monologe beim ersten Treffen
(Hatem) Wars der grünen Augen leichter Silberblick, der mich prüfend traf und gleich mit dir verband? Schenkte mir das Drücken deiner lieben Hand Hoffnung auf ein neues Sommerliebesglück?
(Suleika) Vergebens war und sinnlos mein Bemühen, mich seiner Magmastimme zu entwinden. Aus unbekannten Tiefen quollen Worte, in meiner Brust ein Flammenmeer entzündend.
Abendstimmung
(Suleika und Hatem) Bald verlässt uns nun des goldnen Adlers Glanz, borgt uns seinen Silberschwan zur kühlen Nacht, Venus fordert auf zum großen Sternentanz, Gnome, Elfen, zarte Düfte sind erwacht.
Schlafestrunken gurrt im Baum ein Taubenpärchen, horch, der Nachtigallenschlag verkündet Stunden trauter Seligkeit und lang geträumte Märchen raunen: Seit Äonen sind wir zwei verbunden.
Erster Dialog
(Suleika) Wir haben uns Dutzende Briefe geschrieben und Blumen gesendet, auch Bilder geschickt. Am Anfang war Misstraun, es wurde vertrieben - ich glaubte dir alles, vor allem den lieben gedichteten Versen und war ganz entzückt. Mein Mütterlein warnte: Du bist ja verrückt! Wie kannst du den Worten des Fremden vertrauen, er raubt dir die Unschuld wie anderen Frauen, verspricht dir auch herrlichste Schlösser zu bauen; dann sucht er das Weite und du bleibst allein.
Und dann kamst du und heller Sonnenschein erlaubte mir, dich ganz genau zu sehen; mir fiel das Atmen schwer, mein Herz blieb stehen, sofort verfiel ich deinem Zauberbann und dachte nur: Du bist ein schöner Mann!
(Hatem) Ach Schmetterling, versehr die Schulter nicht, auf die du traulich dich gesetzt, vertreibe, Zephyr, nicht des Lindenbaumes Schatten, der schützend dafür sorgt, dass ihr Gesicht der Sonne Strahlen nicht verletzt. Ihr bunten Blumen rings in den Rabatten, bestreut den Weg vor ihren Füßen mit abertausend Blütenblättern, ihr Vögel dürft sie laut begrüßen und euer schönstes Liedchen schmettern.
Du bist wie duftendes Ambra, du bist wie Smaragd und Rubin, du bist so schön wie Suleika, die Augen leuchten so grün, dass selbst Smaragde sich schämen, die Lippen rubinrot erglühn.
(Suleika) Noch nie hat solche Worte ein Mann zu mir gesagt, drum sei meine Brust dein Garten, ich öffne dir die Pforte, tritt ein und koste unverzagt von allen süßen Früchten.
(Hatem) Kaum konnte ichs erwarten dein Gärtlein aufzuschließen; lass mich dein Gärtner werden, um Beete und Bäume zu gießen, die süßen Früchte zu genießen, wär Seligkeit für mich auf Erden.
Aphrodite, Ares und Eros als „Spanner“ im Park
(Aphrodite) Seht ihr die beiden dort turteln und hört ihr die schmeichelnden Worte? Dämpft eure Schritte, damit sie uns Dreie nicht hören und schreckhaft Böses vermutend das trauliche Plätzchen verängstigt verlassen. Achtet auf trockene Äste, die knackend den beiden verraten, dass brennende Neugier den Papa und mich mit dem Söhnchen heut Abend trieb, um im Park nach Verliebten zu stöbern, doch nimmer zu stören.
(Ares) Dein glitzernder Gürtel, mein Täubchen, verrät uns viel früher als knisterndes Laub, das den Boden des Waldes bedeckt. Ich ließ meinen Hund mit Bedacht in dem Zwinger, damit er mit Knurren und Bellen die beiden Verliebten nicht schreckt. Wir schleichen jetzt lautlos hinüber zur Linde, die besser uns schützt als ein Schild aus verdorrenden Blättern der Eiche.
(Eros) Mit meinen Sandalen ists schwer euren Schritten zu folgen, ach hätt ich doch Flügel, die über die Bäume mich trügen; von oben zu schauen wie Männlein und Weiblein sich lieben, das wär mir, bei Gott, ein erwünschtes, besondres Vergnügen. Ich wählte bedächtig vergoldete Spitzen für Pfeile, und träfe bestimmt mit ‘nem einzigen Schuss in die Herzen der beiden.
(Suleika) Ein Käuzchen ruft, mir wird im Herzen bang, verstummt ist auch der Nachtigallenschlag. Ich fürchte mich im Dunkeln, lass uns gehen, bei Kerzenschein in deinem Kämmerlein die Sommernacht gemeinsam zu genießen.
(Hatem) Nicht weit von hier erwartet dich und mich ein Himmelbett mit rosaroter Seide. Der Mond allein ist Zeuge unsrer Liebe und Hermes löscht die helle Fackel aus, um nicht mit ihrem Schein uns zwei zu stören.
(Eros) Ich habe getroffen; die Sehne des trefflichen Bogens, noch schwirrt sie in sirrenden Tönen im satten Triumpfe. Sie werden beglückt den willkommenen Tod in den Armen des andern erleben und mich zu dem Gott des Genießens ernennen. Es freut sich die Gottheit der sündigen Menschen, so kurz ist ihr Leben und bald schon erlischt ohn Erbarmen die Leuchte des göttlichen Bruders.
(Suleika) Hatem, schau, die Sonne blinzt, die Wolken schmelzen, Lerchen jubeln, frisch erglänzen Blumen, ach, wie schön ist doch die Welt!
(Hatem) Alles, Suleika, du einzig Geliebte, ist nur für dich allein gemacht, Sonne und weichende Wolken, die Blumen und singende Lerchen haben mit Wärme und Licht, dem Gesang und den Farben die Nacht glücklich beendet, mit zaubrischen Mächten ein goldenes Märchen und seliges Hoffen auf künftige Freuden der Liebe geschaffen.
Epilog
Suleika und Hatem, ein glückliches Paar, das den Sommer genoss, sie ahnten mit keinem Gedanken den Neid der gewaltigen Götter. Sie nahmen Suleika das Leben und Hatem - wir sehen ihn trauernd, die Götter verfluchend und wehmütig seufzend: Ach Antje, du Holde, du warst und du bleibst meine Liebe des sinnlos gewordenen Lebens.
Lieber Hayk, puuuh! Seeehr lang - ich habe mich jedoch nicht gelangweilt! Beim Lesen kam mir eine Idee, die du hier natürlich nicht mehr umsetzen kannst, aber vielleicht für folgende Gespräche im Hinterkopf behalten könntest: Wie wärs mit unterschiedlichen Versfüßen? Bei Göttern könnte ich mir beispielsweise den fröhlichen, walzertaktigen Daktylus sehr gut vorstellen. Bei einem verliebten Mädchen wäre der umarmende Reim im Jambus, bei einem Knaben ein Wechselreim im leicht fordernden Trochäus passend, was meinst du? Ich habe deine äußerst phantasievolle und sprachlich wunderschöne Geschichte sehr gerne gelesen. Herzliche Grüße, Heliane.
Liebe Heliane, nichts liegt mir ferner, als jemanden mit meinen Gedichten zu langweilen. Auf Deine Anregungen im einzelnen einzugehen fehlt hier der Platz. Ich habe meine Antwort gemailt und (im vorauseilenden Gehorsam) frage Dich: Erkennt man den Wechsel des Versfußes, speziell wenn es um die Götter geht, nicht? Leider ist diese schöne Geschichte mit tragischem Ausgang nicht meiner Fantasie entsprungen. Dieses Gedicht soll (auch) ein liebevoilles Denkmal für Antje, die (tödlich verunglückte) Liebe meines Lebens sein. Liebe Grüße, Hayk
Lieber Hayk, sehr spannend, sehr gekonnt, sehr bewegend. Du hast hiermit ein ehrendes Denkmal für deine Liebe geschaffen. Die Gedichte die ich von dir bisher gelesen habe, sind oft mit wechselnden Versfüßen. Das gefällt mir.
Liebe Heike, vielen Dank für Deine lobenden Worte! Bei längeren Gedichten macht es mir Spaß, die Protagonisten in (hoffentlich) passenden Vers-, Reim- und Strophenformen sprechen zu lassen. Wenn es Dir gefällt, dann freut mich das natürlich. Grüß meine Thüringer Heimat! Liebe Grüße, Hayk
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