DIE KLAGE DES SITZPINKLERS

Sei’s der Soldat am Wolga-Strand
Zur Wache für sein Vaterland,
Man kennt das Männlein, still und stumm
Im Walde mit dem Mäntlein um,
Sogar auch Goethe’s armer Tor,
Der nun so klug war wie zuvor -
Wo echte Männer noch vorhanden
Da wurde jederzeit gestanden !

Zur warmen Sommerzeit da ließen
Sich Bienen von den Blüten schießen,
Im Winter waren in dem Schnee
Vor allem Künstler auf Tournee,
Verziert, verschnörkelt oder nur
Als Dreimal-Strich-Karikatur.
Noch heute geht’s zur späten Stunde
Allein oder in froher Runde,
Ganz schnuppe wo, ob Baum ob Hecke
Denn Bier braucht nicht mal eine Ecke.

Seit jeher galt schon auf dem Klo
Das Gleiche wie in publico.
Hier kulminiert das Stehvermögen
Zwar nicht in kreiselnd-hohen Bögen,
Hier legt man an und zielt nach vorn,
Peilt über Kimme über Korn,
Hier glänzt des Scharfschützen Brillanz
Mit Präzision aus der Distanz.

All dies im Manne, hochverehrt,
Wird jetzt dem Mann jedoch verwehrt,
Denn echte Machos, raue Rocker,
Die rutschen ab als Brillenhocker.
Nein, nein, sie thronen nicht einmal,
Die Kerle kauern ganz banal
Und so wird still und leise dann
Die Gloria der Spezies Mann,
Mit Bein und Knien angewinkelt,
Nur einfach so dahin verpinkelt ...


© Jenno Casali

Lieber Jenno,
damit hast du für mich den Vogel abgeschossen - ich habe mich köstlich amüsiert!
Vielleicht magst du ein wenig kürzen? Deine Aufzählung ist keineswegs langweilig, gewiss nicht. Aber ich weiß von Anfang an, worum es dir geht, und ich warte Hände ringend auf das Ende, das dir staubtrocken gelungen ist.
Auch an der Metrik könntest du etwas feilen. Ein solch ulkiges Gedicht kommt noch viel besser, wenn sie perfekt ist. Hier gibt es beispielsweise betonte und unbetonte Auftakte, für mich keine gute Idee.
Trotzdem mit großem Vergnügen gelesen - die Bilder sind durchweg gelungen.
Lachende Grüße,
Heliane.

Lieber Jenno

Mir drängt`s vom Hirne sich ans Ohr
Der Knabe hier, der hat Humor!

Wirklich ein Sahnestückchen des Humors hast Du uns hier zu lesen gegeben. Wobei ich fast geschrieben hätte des schwarzen Humors, denn die männliche Freiheit muss leider immer noch zu oft von weiblicher Dienstleistung kompensiert werden, denn die Zielgenauigkeit sowie die Berechnung des Rückschlages der Aufprallgeschwindigkeit lässt meist zu Wünschen übrig.
Andererseits habe ich die beschriebene Situation bislang noch nie von der Seite der männlichen Spezies aus betrachtet.
Man lernt nie aus!

Grinsende Grüße,
Heidi

Hallo Jenno Caselli,

wer sie mag, deine Sitzpinkler-Poesie, wird seine Freude haben. Ja, sicher ein Thema, über das so manches männliche Subjekt sich seine Manneskraft erkämpft und beweist. Ergebnis tiefschürfenden Nachdenkens eines stramm konservativen Stehpinklers, dem jede Neuerung auf diesem Gebiet ein Gräuel ist. Mit dem Titel komme ich nicht ganz zurecht, müsste es nicht "Klage eines Steh-" und nicht "eines Sitzpinklers" heißen?

Gut geschrieben, gut gereimt, humorvoll. Hat Spaß gemacht.

Priska

lieber Jenno
auch von mir erhältst Du zu Recht ein großes Lob für Dein Gedicht.
Ich gebe Heliane Recht, versuche die kleinen Unsauberkeiten zu bereinigen. Beim Gedicht geht es einfacher als auf dem Ko.

herzlich lachende Grüße
Ilona

Hallo,
Habe die metrischen Stolpersteine gerne aus dem Weg geräumt.
Danke für die Anmerkungen und die humorvollen Kommentare,
Jenno C.

Ach Jenno, es ist eine Schande,
wie man uns Männern hierzulande
die letzte Siegerpose raubt,
nur weil die Feministin glaubt,
mann dürfe nicht, was sie nicht kann -
so völlig ohne Pullermann...

Genial, wie Du die Vorzüge des Stehpinkeln beschrieben hast. Sehr treffend beobachtet.
Es gibt zwar manchen Stimmen, die behaupten, wenn Männer die toileeten putzen müssten, würden sie automatisch zu Sitzpinklern werden, aber ich für meinen Teil glaube, sie würden dann einfach nur die Toiletten erhöhen

Liebe Grüße, Stefan