#1 | Keine Wahl
30.11.2013 11:23 (zuletzt bearbeitet: 12.11.2021 18:36)
Sanssouci
(
gelöscht
)
Die Kinder waren nie geplant im Leben. Zum falschen Zeitpunkt kamen sie zu früh zur Welt. Die Eltern konnten ihnen wenig geben, und meistens waren sie auf sich allein gestellt.
Zum Alkohol gesellten sich bald harte Drogen. Man geht sich aus dem Weg und manchmal fremd. Die Kinder suchen, um die Kindheit längst betrogen, ihr Glück im Naschen ohne Halt und ungehemmt.
So schwelt das triste Leben weiter mit den Jahren. Mehr schlecht als recht schlägt man sich durch und hat die Lust am eignen Leben längst begraben. Man hat sich selbst wie auch den andren satt.
Die Mutter ist aus ihrem Leben ganz verschwunden. Sie pendelt zwischen Straßenstrich, Gericht und Knast. Der Vater hilflos, überfordert, krank. Zwei Stunden hat er gebraucht, bis er sich selber umgebracht.
Zurück, da bleiben zwei verstörte Seelen. Sie schwanken zwischen Trauer, Sehnsucht, Wut. Und könnten sie noch einmal für sich wählen, dann wären Papa, Mama und das Leben wieder gut.
Lieber Sanssouci, da haste aber zugelangt. Mann, ist das stark!
Solche Tragödien sind beschämenderweise immer häufiger zu beobachten und darüber nachzudenken, wie sich das weiterentwickelt, deprimiert mich. Welche Chance haben diese Kinder? Welche Chancen werden ihre Kinder später haben? Ein Teufelskreis, aus dem vermutlich nur Einzelne ausbrechen können.
Ein erschütterndes Werk, welches sehr, sehr nachdenklich stimmt.
dies sind keine Neuigkeiten, eher bestens verdichtete Allgemeinplätze. Jedem sind sie bekannt und eine Lösung des Problems, das schließlich ein gesellschaftliches ist, scheint nicht in Sicht. Du reduzierst deine Erkenntnisse auf Kinder aus zerrütteten Familien. In Berlin beträgt der Anteil derjenigen Kinder aus „besseren“ Verhältnissen mehr als 50% der Abgestürzten. Und der Anteil der Kinder, die ohne familiären Halt das Abi bestehen, steigt. Mir fehlt an deinem Gedicht der Versuch einer Lösung des Problems. Das Zusammentragen von Fakten reicht mir nicht aus, ist mir zu einseitig beleuchtet.
Für meine Lesart ein sprachlich überaus gelungenes Gedicht, das sich flüssig liest und mit eindringlichen Bildern ausgestattet ist. So gesehen: Gelungen!
Ich wünsche dir einen schönen 1. Advent und grüße dich herzlich, Medusa.
ein sehr bedrückender, deprimierender Inhalt, den du sehr gut ausgedrückt hast. Leider gibt es viel zu viele solcher Schicksale.
Arme Kinder - kaum geboren - schon verloren!
Man müsste sehr viel mehr Geld in unsere Bildungs- und Sozialsysteme investieren, um da ein wenig gegenzusteuern.
Ich finde durchaus, dass Gedichte auch (einseitig) bloße Fakten darstellen dürfen, Fragen aufwerfen müssen. ohne Lösungsvorschläge zu machen. Man sollte nicht zu viel in ein Gedicht reinpacken wollen.
Liebe Medusa! Sicher gibt es diese Familien zu Hauf. Die Reduzierung auf Kinder aus zerrütteten Ehen geschah eben aus meinem persönlichen Umgang mit den Kindern und deren Geschichte. Die Lösung des Problems: Mein ehrenamtliches Engagement vor Ort.
Lieber Wüstenvogel! Danke für deinen Kommentar, dem ich voll und ganz zustimmen kann. Ich finde auch, dass man dem Leser nicht immer gleich Lösungen anbieten sollte. Sich selbst weiterführende Gedanken zu machen, geht ja auch in Ordnung.
du hast ein sehr ernstes und trauriges Thema ohne Pathos und Effekthascherei in sehr gut lesbare Verse gefasst.
Schlimm, dass es so etwas viel zu häufig in der realen Welt gibt und dass viele Menschen das kaum registrieren und wahrhaben wollen. Schön, dass es Menschen wie dich gibt, die sich solcher Schicksale annehmen.
Weil mir dein Gedicht so gut gefällt, musste ich ein wenig daran herumbasteln:
Zitat von Sanssouci im Beitrag #1 Zum Alkohol gesellten sich bald harte Drogen. Man geht sich aus dem Weg und manchmal fremd. Die Kinder, längst um ihre Kindheit schon betrogen, verschlingen Süßigkeiten permanent.
Längst und schon beißen sich, es klingt wie eine Doppelung, und permanent gehört ja eigentlich nicht ans Versende. Wie gefällt dir mein Vorschlag?
Zum Alkohol gesellten sich bald harte Drogen. Man geht sich aus dem Weg und manchmal fremd. Die Kinder suchen, um die Kindheit längst betrogen, ihr Glück im Naschen ohne Halt und ungehemmt.
Zitat von Sanssouci im Beitrag #1 Die Mutter ist seit langer Zeit nun schon verschwunden. Sie pendelt zwischen Straßenstrich, Gericht und Knast. Der Vater hilflos, überfordert, krank. Zwei Stunden hat er gebraucht, bis er sich selber umgebracht.
Die beiden Wörter nun schon sagen nichts aus, sie füllen den Vers lediglich auf die gewünschte Silbenzahl auf. Wie wäre es hiermit?
Die Mutter ist aus ihrem Leben ganz verschwunden. Sie pendelt zwischen Straßenstrich, Gericht und Knast. Der Vater hilflos, überfordert, krank. Zwei Stunden hat er gebraucht, bis er sich selber umgebracht.
Dein Gedicht klänge für mich noch besser, wenn du in S3 die zwei man vermeiden könntest (das Wort kommt in S2 ja ohnehin schon einmal vor).
Ich hoffe, du siehst meine Hobelei nicht als Einmischung an und denkst einmal in Ruhe über meine Vorschläge nach.
Danke für deine konstruktiven Vorschläge zu meinem Gedicht. Nach längerer Betrachtung deiner aufgezeigten Alternativen kann ich mich sehr damit anfreunden. Die Füllwörter "nun" und "schon" zu ersetzen, macht Sinn und "ungehemmt" reimt sich auch besser auf "fremd". Von daher: Volle Übernahme deiner Vorschläge, verbunden mit herzlichem Dank an dich.
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