Es dümpelt noch der Kahn im See. Der Mond ist längst erblasst. Durch leere Fenster weht ein Weh. Der Täter hängt am Ast der alten Eiche, die es sah, doch nichts davon verrät, von allem, was heut Nacht geschah. Der Hahn hat nicht gekräht.
deine Zeichensetzung dieses kriminellen Acht Zeilers reizt mich zum Widerspruch, bzw. zur Nachfrage. WARUM genau so? Würde nicht ein Komma, nach "im See", zur Steigerung des Spannungsbogens beitragen? Auch Vers zwei würde ich nicht mit einem Punkt beenden, sondern wieder mit einem Komma. Spreche ich es laut, erhöht das für mich eindeutig die Spannung. Und so ginge es mit den Satzzeichen bei mir auch weiter. Zwei mal drei Verse, nur mit Kommata versehen, bis das Ganze "so" aussähe, und mit gesteigertem Spannungsbogen wahrlich kriminelles Geschehen vermuten lässt:
Die Untat
Es dümpelt noch der Kahn im See, der Mond ist längst erblasst, durch leere Fenster weht ein Weh. Der Täter hängt am Ast der alten Eiche, die es sah, doch nichts davon verrät. Von allem, was heut Nacht geschah, der Hahn hat nicht gekräht.
Liebe Grüße der Sanderling
PS. Das ist natürlich ein starkes Stück, was dir da gelungen ist!
warum hast das nicht zu deinem Glühbirnenstück erhoben. Das ist mitreißend und cool. Die Punktesetzung soll vielleicht die Atemlosigkeit oder Kurzatmigkeit unterstreichen. Für ein solches Krimistück gefällt mir das.
das ist mir erst vorhin eingefallen, vielleicht durch die Eule inspiriert, d.h. zu spät für die Aufgabe. Mit der Interpunktion möchte ich tatsächlich etwas erreichen. Ich bin gespannt, was die anderen meinen, denn Sanderlings Version ist auch möglich.
meine Interpretation, bewegt sich weit weg von einer kleinen Kriminalgeschichte, hin zum wohl größten Verrat.
Jedenfalls finde ich viele Ansatzpunkte dafür in deinen Zeilen.
Der Mond ist verblasst - zumindest war er in der Nacht des Verrats heller, als zum Zeitpunkt des Selbstmordes. Auch das erhängen selbst ist ein Hinweis, wenn auch Judas nicht lange im Ast hing.
Auch der Titel - es ist nicht irgendeine sondern die Untat schlechthin.
Der Twist im Gedicht liegt allerdings im nicht krähenden Hahn - was wenn Thomas Jesus nicht zweimal verraten wissen wollte sondern es bei einem Male belassen will, dann kräht der Hahn nicht und Petrus muss nicht weinen.
Es gibt also viele Ungereimtheiten bei meiner Deutung doch es wäre eine Überlegung wert,
Ansonsten kann ich nichts zu dem anderen Verlauf durch die Zeichensetzung sagen, auch das Enjambement bei der alten Eiche erschließt sich mir nicht.
Geheimnicvoll dieses Gedicht von dir Thomas, aber sehr gut geschrieben und ich mag die Rätzelei.
herzlichen Dank für deine tiefen Beobachtungen. Vielleicht ist noch bemerkenswert, dass der Mond nicht "verblasst", sondern "erblasst" ist. Die Interpunktion scheint mir wegen der Phrasierung notwendig zu sein: Drei kurze Zeilen, dann die verbundenen vier Zeilen und die Schlusszeile.
bemerkenswert in vielfacher Hinsicht! Schon das Wort Untat ist gut gewählt, weil rätselhaft und für alle Interpretationen offen… Dann die Schlusszeile, die biblische Konnotationen anklingen lässt. Und dass der Mond aus eigenem Antrieb sozusagen erblasst, lässt ebenfalls Schlimmes erahnen, ohne deutliche Hinweise zu geben. Die Qualität des Gedichtes beruht auf seiner Offenheit für vielfältig, aber eindeutig bedrohliche Szenarien.
Gerne gelesen und darüber nachgedacht Herzliche Grüße Karlheinz
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