Der gelehrsame Ritter

Der edle Ritter Jaromir
ritt rasch den Berg hinan
und dachte sich um halber Vier:
„Was fange ich nur an?

Des Morgens, wenn der Tag erwacht,
dann gibt es viel zu tun,
doch wenn sie kommt, die finstre Nacht,
sollt ich wohl besser ruhn.“

So band er flugs den Rappen fest
und schaute rundherum.
Entdeckte Drachens Felsennest -
der flog gerad herum.

Und weil der Ritter hungrig war,
stahl er geschwind ein Ei.
Es war noch warm und wunderbar,
drum schlug ers nicht entzwei.

Es fehlte ihm an Brennholz nicht
doch Feuer für sein Mahl,
er starrte auf sein Leibgericht
wohl an die tausend Mal.

Ein Stoßgebet zum Himmel fuhr,
das Pferd stand stumm herum.
Er dachte sich „Was mach ich nur?
Vertilg es roh, punktum!“

Da schwoll ein Rauschen um ihn her,
der Drache kam zurück.
Der Ritter sann auf Gegenwehr,
auf Heldentum und Glück.

Der Drache rundum Feuer spie
und schrie „Lass meine Brut!
Das Ei, das bisher wohl gedieh,
wird groß mit meinem Blut!“

Dem Ritter wurde angst und bang,
sank zitternd auf die Knie,
die Arme um den Kopf er schlang:
„Bin hungrig wie noch nie!

Erbarm dich meiner, Scheusal du,
ich hab noch nichts getan.
Nimms dir zurück, lass mich in Ruh,
und ziehe deine Bahn.“

„So leicht kommst du mir nicht davon,
ich lehre dich, du Wicht“
schnob der mit bösem Unterton,
„Ein Held tut sowas nicht!“

Er stieß gewaltge Flammen aus,
die Ritterrüstung schmolz.
Der Ritter stand im Hemd, oh Graus,
war keineswegs mehr stolz.

Der Drache lachte, griff sein Ei
und schwang sich in die Luft.
War fröhlich ob der Spöttelei,
verschwand in einer Kluft.

Der Ritter nahm beschämt sein Ross,
ritt still ins Tal hinab,
und als es bald in Strömen goss,
war er erschöpft und schlapp.

Ein Apfelbaum am Wege stand
mit Äpfeln rot und rund .
Ergriff sich einen kurzerhand,
denn Äpfel sind gesund.

Er dachte an das Drachenkind,
das Ei war unverletzt,
es flöge bald wie Sturm und Wind -
„Ess Äpfel nur ab jetzt!“

Liebe Heliane,

ein formvollendetes Gedicht, wie schon Thomas bemerkt hat, nur mit dem Titel bin ich nicht so ganz zufrieden:

Ist der Ritter nicht eher lernfähig oder belehrt?

Liebe Grüße aus Lüli
Karlheinz

Liebe Heliane,
zuerst dachte ich über dein Gedicht es ist zu lang. Aber, das ist es nicht, da sich der Bogen um die vielen Strophen weit spannt. Außerdem ist es einfach eine wunderschöne Geschichte die du erzählst. Die könnte man ja auch in Fortsetzungen erzählen.
Sehr gelungen!
Liebe Grüße
der Sanderling

Liebe Heliane, ein Drachengedicht ganz nach meinem Geschmack. Da wird sich mein Enkel freuen wenn ich es ihm vorlese, auch weil es ein lehrreiches Gedicht ist, indem letztendlich keiner zu Schaden kommt.
LG Heike