Lieber Sanderling, ein sehr stimmungsvolles Bild , dass Du im Haiku beschrieben hast. Noch geh ich selbst nicht richtig dran an die Haikus. Hab vor langer Zeit mal welche gemacht. Vielleicht irgendwann mal wieder. Liebe Grüße, Heidi
das gefällt mir. Jede Hochstimmung erlebt ihren Tiefpunkt, sowohl in der Natur, wie auch in menschlichen Beziehungen. Man kann sich aussuchen, wie man das Gedicht verstehen will.
Liebe Heidi, lieber Wolfgang, danke für eure Kommentare zu meinem Haiku. Da für mich ein Haiku immer einen sprachlichen Bogen spannt, unter dem ein Naturereignis zum Vorschein kommt, liegt es sicher noch mehr im Auge des Lesers, was ihm/ihr im Text zum Vorschein kommt. Zumal mir zu konkrete Begriffe zum Bild nicht liegen. Vielleicht werde ich konkret und sage was ich beschreiben wollte: Eine Sonnenfinsternis, die ich am 11. August 1999 mittags so erlebte; es wurde kälter; die Vögel stellten ihr Singen ein, dann, für Minuten, langsames bis völliges Abdunkeln der Sonne durch den Mond; eine spannungsvolle, irreale Szene einer "Himmelsromanze" eben. Ich frage mich, wer hat sie '99 noch miterlebt? Wie würdet Ihr daraus ein Haiku gestalten? Viele Grüße, der Sanderling
man kann aus so ziemlich jedem Thema ein Haiku machen. Hier ist das Problem aber, dass wir von einer Ereignis aus der Vergangenheit sprechen. Ein Haiku bezieht sich aber immer auf die Gegenwart. Eine Paradelösung habe ich keine, nehme ich aber die Sonnenfinsternis als Thema, kommen mir einige Ideen:
steht sie hinter ihm - oder er vor ihr? bei den zwei weiß man nie - sonnenfinsternis ...
sommer verschwunden? ach nein - der mond will auch mal der mittelpunkt sein
Das spielt natürlich ganz allgemein auf die Sonnenfinsternis an. Was war denn an dieser einen so besonders? Vielleicht hilft das weiter ...
Hallo Wolfgang, danke für deinen Kommentar und deine Ideen. Eins verstehe ich nicht. Wenn ein Haiku sich immer auf die Gegenwart bezieht, heißt dass, es sollte synchron mit dem Erleben verfasst werden?! Wenn nicht, darf es also auch in der Vergangenheit in der Gegenwartsform geschrieben werden? ...auch wenn es bereits 1999 geschah, von dem ich schreibe? Was heisst denn dann noch, dass es sich auf die Gegewart bezieht? glühende Birnengrüße der Sanderling
in "Haiku", dem Buch von Imma von Bodmershof, schrieb ihr Mann, Wilhelm, eine Studie über das Haiku; darin erwähnt er ein Tanka von Abe Nakamaro (702 bis 770), das ist wie folgt übersetzt:
Mein Auge schweift über den fremden Himmel. Da schwebt der Mond herauf. O seht, es ist der gleiche, der in der Heimat, in Kasuga, die Berge beglänzt.
In diesem Beispiel-Tanka verweben sich Vergangenheit und Gegenwart. Natürlich kann man sich auf vergangene Ereignisse beziehen, aber die müssen die Gegenwart verändern. Ein Tanka, wie auch ein Haiku, besitzen immer drei DNA-Bausteine, die aus ihnen erst ein Tanka oder ein Haiku machen. Diese sind: Bild, Pole und Bewegung. Im obigen Beispiel ist das Bild der Poet Nakamaro, der in der Fremde ist. Die Bewegung vollzieht sich zwischen Fremde und Heimat. Nun muss man wissen, dass der Mond, bei den Japanern, die Bedeutung von "innerer Erleuchtung" hat. Es ist also die innere Erleuchtung, die aus der Fremde eine Heimat macht. Das hat jetzt mit Taoismus zu tun und braucht uns an der Stelle nicht weiter zu interessieren. Wichtig ist, dass Nakamaro die Vergangenheit nutzt, um damit die Gegenwart zu klären. Soll heißen: Du kannst Dich auf die 90er beziehen, aber was haben sie für Auswirkungen auf die heutige Zeit? Aus dem Grund habe ich Dich gefragt, was an dieser Sonnenfinsternis besonders war. Diese Frage musst Du für Dich klären. Dann weißt Du auch, was für Auswirkungen sie auf die Gegenwart hat.
Ich selbst habe mit der Vergangenheit bisher nicht experimentiert, alle meine Tanka und Haiku spielen ausnahmslos in der Gegenwart. Doch egal, wie Du mit dem Thema umgehst, das Denk-Schema kann nur so lauten: Vergangenheit - Wendepunkt - Gegenwart. Alternativ: Gegenwart - Wendepunkt - Vergangenheit.
Hallo Wolfgang, vielen Dank für deine geduldigen und ausführlichen Erläuterungen. Gar nicht so leicht, dies alles zu berücksichtigen und in wenige Worte zu fassen. Viele Grüße, der Sanderling
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