Im Christmond friert der Aubach zu,
er deckt sich ab mit dünnem Eis.
Den Schnee drückt noch kein Wanderschuh,
nur Reif verhilft zu Winterweiß.

Erwartungsruhe, Feierstunden,
ein Häher krächzt in dieses Schweigen.
Dem Damwild scheint das Moos zu munden,
das Hörnchen wippt in Fichtenzweigen.

Ein Kauz bäumt auf, kein Federrauschen,
der Geist des Dämmers hasst Gelärme.
Die Meise äugt, zwei Tauben tauschen
mit Schnabelspielen Seelenwärme.

Ein jäher Windstoß löst Kristalle
von Erlenzweigen, sie erglänzen
in schrägen Strahlenbündeln, alle
versuchen sich in Glitzertänzen.

Die Hektik einer andren Welt,
ganz nahe, nur ein Feldweg trennt.
Ein Zwiespalt, der sich jedem stellt,
der Urnatur und Alltag kennt.

Lieber Ingo,
ein sehr schönes Naturgedicht. Es birgt viel Gefühl und strahlt Ruhe aus. Besonders gefällt mir:
"Die Meise äugt, zwei Tauben tauschen
mit Schnabelspielen Seelenwärme."
Hingegen "Ein Kauz bäumt auf..." wäre für mich erläuterungsbedürftig.
Ich wurde durch die "Au" spontan angezogen, da ich vor einer Minute selber zum Thema schrieb (allerdings in anderer Stimmung).
Gefällt mir sehr.
LG Ulrich

Danke Ulrich! Zum Kauz! Wenn sich ein Vogel auf einen Ast setzt, dann "bäumt er auf", also wenn er sich auf einem Baum niederlässt. LG Ingo

Lieber Ingo,

mit diesem zauberhaften Gedicht bringst du mir Vorfreude auf den Winter - noch gibts hier morgens nur Raureif.
Ganz besonders gefällt mir "kein Federrauschen", denn ich habe mal gelesen, dass Eulen außergewöhnliche Federn besitzen und dadurch ihr Flug tatsächlich geräuschlos sein soll, schön dass du dies verdichtet hast.

Wunderschöne, ruhige Bilder - ein Labsal für Geist und Seele.
Herzliche Grüße zum 1. Advend,
Medusa.

Herzlichen Dank, Medusa! LG Ingo

Hallo Ingo,
sehr schön hast Du da die Beschaulichkeit der Natur eingefangen, wobei Du auch deren Vergägnlichkeit aufgezeigt hast.
Die Winterbilder einer schneelosen, reifweißen Landschaft sind sehr treffend herausgearbeitet.
Herzlichen Gruß!
Galapapa