Im Zusammenhang mit der letzten Aufgabe über erotische Lyrik habe ich nochmals Platons Symposium gelesen, welches sich so schön mit diesem Thema beschäftigt, und möchte folgenden kurzen Ausschnitt einstellen, weil ich diesen besonders schön finde.
In Platons Gastmahl halten die dort Versammelten der Reihe nach eine Lobrede auf Eros. Ein Teil der Rede, die Sokrates hält, ist das folgende. Er beginnt so: Und so will ich… eine Rede über den Eros welche ich einst von einer Mantineerin Namens Diotima gehört habe, welche hierin und auch sonst sehr weise war,… welche auch mich in Liebessachen unterrichtet hat, die Rede also welche diese gesprochen hat will ich versuchen euch zu wiederholen...
[Diotima sagte:] Vom Eros aber hast du doch eingestanden, dass er aus Bedürfnis des Schönen und Guten eben das begehre dessen er bedürftig ist? – Das habe ich eingestanden. – Wie konnte also ein Gott sein der unbegabt ist mit Schönem und Gutem? – Auf keine Weise wie es scheint. – Siehst du nun, sagte sie, dass auch du den Eros für keinen Gott hältst? – Was wäre also, sprach ich, Eros? etwa sterblich? – Keinesweges. – Aber was denn? – Wie oben, sagte sie, zwischen dem sterblichen und unsterblichen. – Was also, o Diotima? – Ein großer Dämon, o Sokrates. Denn alles Dämonische ist zwischen Gott und dem sterblichen. – Und was für eine Verrichtung, sprach ich, hat es? – Zu verdolmetschen und zu überbringen den Göttern was von den Menschen und den Menschen was von den Göttern kommt…
Dies alles lehrte sie mich, als sie über die Liebe mit mir redete, und fragte mich auch einmal, Was meinst du wohl, o Sokrates, dass die Ursache sei dieser Liebe und dieses Verlangens?… Von den Menschen könnte man sagen sie täten dies mit Überlegung; aber welches der Grund sein mag warum auch die Tiere sich so verliebt zeigen, kannst du mir das sagen? – Und ich sagte wieder, ich wüsste es nicht… Ganz ebenso wie dort sucht auch hier die sterbliche Natur nach Vermögen immer zu sein und unsterblich. Sie vermag es aber nur auf diese Art durch die Erzeugung, dass immer ein anderes junges statt des alten zurückbleibt. Denn auch von jedem einzelnen Lebenden sagt man ja dass es lebe und dasselbe sei, wie einer von Kindesbeinen an immer derselbe genannt wird wenn er auch ein Greis geworden ist: und heißt doch immer derselbe ohnerachtet er nie dasselbe an sich behält, sondern immer ein neuer wird und altes verliert an Haaren, Fleisch, Knochen, Blut und dem ganzen Leibe; und nicht nur an dem Leibe allein sondern auch an der Seele, die Gewöhnungen, Sitten, Meinungen Begierden Lust Unlust Furcht, hiervon behält nie jeder dasselbe an sich, sondern eins entsteht und das andere vergeht. Und viel wunderlicher noch als dieses ist, dass auch die Erkenntnisse nicht nur teils entstehen teils vergehen, und wir nie dieselbigen sind in Bezug auf die Erkenntnisse, sondern dass auch jeder einzelnen Erkenntnis dasselbe begegnet. Denn was man Nachsinnen heißt, geht auf eine ausgegangene Erkenntnis. Vergessen nämlich ist das Ausgehen einer Erkenntnis, Nachsinnen aber bildet statt der abgegangenen eine neue Erinnerung ein, und erhält so die Erkenntnis, dass sie scheint dieselbige zu sein. Und auf diese Weise wird alles sterbliche erhalten, nicht so dass es durchaus immer dasselbige wäre wie das göttliche, sondern indem das abgehende und veraltende ein anderes neues solches zurücklässt wie es selbst war. Durch diese Veranstaltung o Sokrates, sagte sie, hat alles Sterbliche Teil an der Unsterblichkeit, der Leib sowohl als alles Übrige; das Unsterbliche aber durch eine andere. Wundere dich also nicht wenn ein jedes von Natur seinen eignen Sprössling in Ehren hält. Denn der Unsterblichkeit wegen begleitet jeden dies Bestreben und diese Liebe.
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