Gott hat das Evangelium Gegeben, dass wir werden fromm; Die Welt acht't solchen Schatz nicht hoch, Der größte Teil fragt nichts darnach.
Man fragt nach Gott dem Herrn nicht mehr, Die Welt stinkt ganz nach eitler Ehr', Die Hoffart nimmt ganz überhand, Betrügen, lügen ist kein' Schand.
Erasmus Albertus vertont von Johann Sebastian Bach (BWV 316).
Der Knittelvers, was im Frühhochdeutschen "Reimvers" bedeutet, war seit dem 15. Jahrhundert in Deutschland eine weit verbreitete volkstümliche Versart. Später wurde der Ausdruck mit Bezug auf "Knüttel" abwertend verwandt.
Der Knittelvers wurde ursprünglich im Paarreim gereimt und hatte i.A. vier Hebungen mit regelmäßiger oder unregelmäßiger Füllung. Darüber wie dieser alte Knittelvers seinerzeit gesprochen wurde, streiten sich bis heute die Gelehrten. Es gibt Knittelverse, z.B. von Hans Sachs, die viele Tonbeugungen aufweisen, d.h. für unser heutiges Ohr "geleiert" klingen, aber es gibt auch Beispiele von Knittelversen, wie das oben zitierte Gedicht von Albertus, bei denen Wortbetonung und Metrum zusammenpassen, und das bevor Martin Opitz 1624 in seinem "Buch von der deutschen Poeterei" diese Übereinstimmung zum wesentlichen Kriterium der deutschen Dichtung erhob. Im Barock verschwand der Knittelvers fast ganz, bis ihn Johann Wolfgang Goethe in seiner Faustdichtung wieder aufgriff, wobei er jedoch für seinen jambisch vierhebigen Knittelvers mit unregelmäßiger Füllung nicht nur Paarreim, sondern auch andere Reimformen und Waise verwendete.
Vom Eise befreit sind Strom und Bäche durch des Frühlings holden, belebenden Blick. Im Tale grünet Hoffnungsglück. Der alte Winter in seiner Schwäche zog sich in rauhe Berge zurück. Von dorther sendet er, fliehend, nur ohnmächtige Schauer körnigen Eises in Streifen über die grünende Flur. Aber die Sonne duldet kein Weißes.
Johann Wolfgang von Goethe: Osterspaziergang (Faust I)
Friedrich Schiller verwendete den Knittelvers in deinem Drama "Wallensteins Lager" und Theodor Fontane in seinem volkstümlichen Gedicht "Herr von Ribbeck auf Ribbeck im Havelland". Auch Hugo von Hofmannsthal benutzte den Knittelvers in seinem Theaterstück "Jedermann", welches er nach dem Vorbild spätmittelalterlicher Mysterienspiele schrieb.
Heute verwenden Dichter den Knittelvers kaum noch, umso häufiger finden wir ihn in heiteren Gedichten, wie z. B. an Fastnacht in Büttenreden.
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