In leeren Gassen, im Neonlicht alleingelassen, erkennst du nicht was in den Spalten der Mauern treibt und trotz der Kälte erhalten bleibt. Aus kleinen Samen, man weiß nicht woher sie hierher kamen, wächst mehr und mehr, trotz eisigem Hauch, aus kaltem Stein ein blühender Stauch im Neonschein. Er duftet herrlich zu dir herein und unerklärlich erscheint dem Geist der Himmel helle, und plötzlich reißt dich eine Quelle in ihrem Lauf aus leeren Gassen hinauf, hinauf.
Version 1
Ewiges Licht
In leeren Gassen, im Neonlicht, wo Ratten hassen, da sieht man nicht was in den Spalten der Mauern treibt und trotz der Kälte erhalten bleibt. Aus kleinen Samen, man weiß nicht woher sie hierher kamen, wächst mehr und mehr, trotz eisigem Hauch, aus kaltem Stein ein blühender Strauch im Neonschein. Er duftet herrlich zu dir herein und unerklärlich erscheint dem Geist der Himmel helle, und plötzlich reißt dich eine Quelle in ihrem Lauf aus leeren Gassen hinauf, hinauf.
mich hat Dein Gedicht in den Bann gezogen und ich kann nicht (mir nicht und Dir nicht) erklären, warum? Es ist glaube ich das Bild, es fügt sich für mich. Ich sehe ein Heimkind aufwachsen. Gerade und aufrecht mit ganz viel Liebe im Herzen und alle fragen, wie konnte es angesichts der Kälte nur so ein guter Mensch werden. Ich glaube es hat immer das Licht gesehen.
Zu überlegen ist ob Du in der 2.Zeile "wo Ratten hassen" es ersetzen kannst durch Rattenmassen oder durch Ratten fassen. Das Ratten hassen gefällt mir in diesem Zusammenhang nicht besonders. Damit unterstellst Du den Ratten eine große Gefühlsregung. Ich glaube es passt nicht in den Kontext.
Der Schluss ist wie eine Befreiung einfach lyrisch und großartig
Lieber Thomas, kann es sein, dass die Ratten hasten und nicht hassen? Ein stimmungsvolles Bild vom ständigen Werden, das du hier rund und in schöner Sprache formuliert hast, gefällt mir sehr gut. Herzliche Grüße, Heliane.
P.s. Ilona hat auch gerade geantwortet. Ratten haben sehr wohl Gefühle! Jeder sollte sich mal Versuchsratten anschauen!
vielen Dank, ihr kritisiert zu Recht die zweite Zeile. Das Ding ist in einem Rutsch entstanden, und ich habe es wieder einmal zu schnell eingestellt. Das Bild der Ratten ist nicht nötig, negativ und auch nicht gut. Ich glaube gerade Dank eurer Hilfe eine bessere Lösgung gefunden zu haben.
Lieber Thomas, beide Gedichte von Dir lenken meine Gedanken in unterschiedliche Richtungen. Einmal entwickelt sich das Samenkorn unter und trotz hasserfüllten Gruppen und das anderemal unter und trotz mangelhafter Zuwendung. Aber beide Male geschieht etwas, was man vorher nicht erwarten konnte. Die Liebe fällt auf das sich entwickelnde Wesen und man weiß nicht wieso und woher, ja ein Wunder – aber so etwas passiert. Dieses Korn entwickelt sich, wenn man es nicht vorher tötet, zu einem Licht, das auch die Umgebung beeinflussen kann. Ein wunderschönes und Mut machendes Gedicht und dass an eine höhere Macht denken lässt. Liebe Grüße, Heidi
Dein Gedicht lässt mich daran denken dass Leben oft unter den schwierigsten Umständen entsteht und nicht selten sich dann zu schönen, starken oder auch mächtigen Wesen entwickelt. Oft stärkt es sich noch im Kampf mit feindlicher Umwelt. Wir sind die Betrachter aber auch Teil solchen Geschehens das uns mit dem Strom der Zeit hinaufziehen soll zu einem hohen Ziel. Gerne gelesen und bedacht.
aus einem Rutsch entstanden?! Das deckt sich nicht ganz mit meinem Verständnis vom Dichten, du musst mehr Poesie im Bauchgefühl haben, als ich es nach Jahren der Feilerei zustande bringen könnte.
Deine Worte nehmen so richtig Fahrt auf und hier in deinem Gedicht ist dafür nicht nur das ausgeklügelte Reimmuster (inklusive der Binnenreime, die ich zunächst für nicht durchgänig hielt, dann beim lauten Lesen aber sofort als im Laut wundervoll durchgänig klingend erkannt habe) verantwortlich , die die einzelnen Verse hintereinander herjagen, sondern auch der letzte Vers selbst, der wie ein Endspurt (eine Synthese des Musters in einem einzigen Vers komprimiert) wirkt.
Was dir auch trefflich gelingt ist eine Antithese zu bilden, zwischen Neu (treffend durch "Neonlicht" dargestellt - Neo kann man ja sogar wörtlich für "neu" nehmen, oder aber auch für von neuzeitlichen Menschen erdacht und gebaut) und der unverfälschten Natur, sozusagen dem "Ur" (dem wachsenden wilden Leben in eine küstlichen geplanten Umgebung). Sonst hättest du sicherlich nicht zweimal den Wortteil "Neon" benutzt (hättest ja mit Leichtigkeit "weißes oder fahles Licht" oder Ähnliches schreiben können).
Ach und dann wäre da ja auch noch das absolute Symbolfeuerwerk am Ende hervorzugeben:
Zitaterscheint dem Geist der Himmel helle, und plötzlich reißt dich eine Quelle in ihrem Lauf aus leeren Gassen hinauf, hinauf.
Na wieviel Ebenen haben wir denn hier?! Fast jedes Wort ist irgendeine Art von "strahlendem Zustand" ... ich kann es nicht besser mit Worten erklären. Ich meine damit folgendes: "erSCHEINT dem GEIST" (die ersten beiden nicht physischen Andeutungen), gefolgt von "Himmel helle" - man könnte auch sagen die Wolkendecke reißt auf - aber nein es ist der "Fluss", die "Quelle" die da mit- und nicht nur aufreißt und zwar nach Oben "hinauf, hinauf" also doch wieder himmelwärts in den geistigen Bereich. Faszinierend wie vollgepackt diese wenigen Zeilen sind.
vielen Dank. Du hast einige Dinge aufgezeigt, die mir selbst gar nicht so klar vor Augen standen.
Liebe Grüße Thomas
P.S.: Es ist übrigens, in der Form von Version 1, tatsächlich in weniger als 10 Minuten entstanden. Jedoch die kleine Veränderung zur Version 2 hat mindestens die zehnfache Zeit gebraucht. Wenn man erst einmal mit dem Feilen anfangen muss... Und eigentlich muss man es ja fast immer, wie sich auch hier wieder gezeigt hat.
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