Ermunterung

Lieber Carlino,

wie ich es erkenne, hast du der Form des Triolett einen zusätzlichen Satz verpasst, fasst, wie einen Schubser, der inhaltlich deine Aussage der Ermunterung unterstreichen soll. Dein Gedicht empfinde ich ambivalent. Einerseits imponiert mir die Entschlossenheit mit der du ein Kind ermutigst ein Wagnis einzugehen, andererseits forderst du damit aber auch fast blinden Gehorsam. "..überlass dich auf der Stelle deinem Schwindel".
Betrachte ich die Überschrift, so scheint mir dein Triolett aber doch eher positiv ermutigend gemeint zu sein, was mir gut gefällt. Als Resümee bündelt dies der letzte Satz noch einmal sehr positiv. Selbstvertrauen statt blindem Gehorsam.

Liebe Grüße
der Sanderling

Lieber Carlino

Mir geht es ähnlich wie Sanderling und in einem Moment zögere ich und bin der Ermunterung nicht sicher.
Stehst du an des Abgrunds Schwelle,
überlass dich auf der Stelle,
deinen Schwingen mach, geschwind!
was würdest du davon halten, dem Kind Schwingen zu geben?
Sich dem Schwindel zu überlassen, finde ich fast ein wenig grausam.
Oder sehe ich es falsch?
Ja, in der letzten Zeile ist dann die Erleichterung groß. Das Kind hat Schwingen.
In diesem Fall würde ich die Schwingen dem Kind gleich und nicht erst in der letzten Strophe geben wollen.
Liebe Grüße Ilona

Lieber Sanderling, liebe Ostseemöwe,

die Ambivalenz ist richtig beobachtet und auch durchaus beabsichtigt, denn sie ist das Thema angesichts des Abgrunds, der eben nicht zu ergründen ist und zunächst Schwindel auslöst. Am Anfang steht der Schwindel und dann kommt erst das Besinnen auf die Schwingen, genau das möchte ich zum Ausdruck bringen. Es bedarf einer Ermunterung, einer Ermutigung, die erst zur Freisetzung innerer Kräfte führt…

Danke und herzliche Grüße aus Lüli
Karlheinz

Lieber Karlheinz,

genauso habe ich es wahrgenommen. Ohne diesen letzten Satz würde ich an der Aussage zweifeln, vielleicht mutmaßen, dass das lyrische Ich zum blinden Gehorsam mahnt, aber der letzte Satz bricht erstens die Form des Triolettes auf und zweitens verleiht er Flügel - auch mir als Leserin.

Ich danke euch übrigens allen, dass ihr euch auf die Aufgabe eingelassen habt und ihr habt mich ermutigt, weiter mit dieser Form und möglichen Variationen zu spielen.

Liebe Grüße

anna a.

PS: waren die vielen sch-Laute in deinem Gedicht beabsichtigt? Sie wirken wie eine durchgehende Beschwichtigung ... sch, sch, sch, es ist schon nicht so schlimm....

Liebe anna,

there's a kind of hush all over the world… hätte ich fast angestimmt, du hast recht, da ist ein Hauch von „sch“, der beschwichtigt und zur Gelassenheit mahnt, eingebaut, Das hast du gut „herausgehört“…

Lieber Thomas,

gerade das Zaudern, das Ambivalente und besonders der Schwindel angesichts der unergründlichen Ungewissheit und auch die Aufforderung: geschwind (überlege nicht groß sind mir wichtig und deswegen lasse ich es so, bzw. füge noch einen Gedankenstrich vor „geschwind“ ein.

Euch beiden herzlichen Dank und liebe Grüße aus Lüli
Karlheinz

Nun ist mir bislang die Form eines Trioletts total entgangen. Ich staune immer noch,
was alles für interessante Ideen unsere Poesien bereichern.

Mir ging es ähnlich wie den anderen: Den Inhalt las ich mit einem mulmigen Gefühl, um
dann im Schlusssatz erleichert aufzuatmen. Dennoch - ein bisschen hinterlässt dein
kurzes Werk immer noch Nachdenklichkeit. So ganz unmulmig geht es dann doch nicht
zu Ende.

Liebe Grüße
Clara

Liebe Clara,

das Doppelbödige an der Botschaft ist dir nicht entgangen und das spricht für dich und deine Kompetenz auf dem Gebiet: „einfache Lösungen“…

Danke für deine Gedanken und abermals herzliche Grüße aus Lüli
Karlheinz