Liebe anna,

dein Gedicht hat mich sofort an meine alten Gedanken über die Verwendung des Goldenen Schnitts in poetischen Formen erinnert, aus denen bisher bei mir leider nichts geworden ist. Umso mehr erfreut mich dein Gedicht.

Dem in der Natur und der Bildenden Kunst häufig auftretenden Goldenen Schnitt kann man sich durch die Fibonacci-Folge nähern. Diese entsteht, wenn man mit der Einheit 1 beginnt und die folgenden Glieder immer durch die Summe der beiden vorangegangenen bildet, also: 1, 1, 2 (=1+1), 3 (=1+2), 5 (=2+3), 8 (=3+5), 13 (=5+8 ) usw. Also 1,1,2,3,5,8,13… Die einer Zahl vorausgehenden beiden Zahlen zeigen deren dem Goldenen Schnitt nächstmögliche Teilung an, was z.B. bei 8 das Verhältnis von 5 zu 3 ist und bei 5 das Verhältnis 3 zu 2.

Wenn man von diesem Standpunkt dein Gedicht betrachtet, dann sieht man, dass die 8 Zeilen die wesentliche Zäsur (Moment-Alltag) am Ende der fünften Zeile habe. Also 3,5,8. Die fünf Anfangszeilen sind durch das Anfangswort "aus" und den Reim auf "eit" im Verhältnis 3 zu 2 geteilt, als wieder Goldener Schnitt 2,3,5. Und auch die drei Schlusszeilen teilen sich durch das Anfangswort "bevor" in 2 zu 1, also 1,2,3, dem Beginn der Fibonacci-Folge.

Man könnte das als Spielerei abtun, aber ich glaube, dass dieses Bildungsgesetz aus deiner Seele aufs Papier geflossen ist.

Liebe Grüße
Thomas