Der Mond ist aufgegangen, die goldnen Sternlein prangen am Himmel hell und klar. Der Wald steht schwarz und schweiget, und aus den Wiesen steiget der weiße Nebel wunderbar.
Matthias Claudius
Das Wort "Schweifreim" drückt den Charakter dieser Strophenform gut aus. Im Althochdeutschen bedeutet "sweif" Schuhband, d.h. die Form hat etwas bindendes, und im Mittelhochdeutsch stand "sweif" für eine schwingende Bewegung, d.h. die Strophe hat auch schwingenden Charakter. Dieser doppelte Charakter ist am einleitenden Beispiel schön zu erkennen, das Gedicht ist übrigens das mit Abstand meistgelesene und abgedruckte Gedicht der deutschen Poesie.
Der Schweifreimstrophen-Charakter entsteht durch das Reimschema, bei dem einem Paarreim in der dritten Zeile ein Reim folgt, dessen Partner erst nach einem weiteren Paarreim in der Schlusszeile folgt. Daraus erklärt sich der einerseits im Dreischritt schwingende, andererseits der durch das dritte und letzte Zeilenpaar gebunden Charakter. Die Schweifreimstrophe hat dadurch einen starken Abschluss, was ihre Beliebtheit bei Volksliedern und auch Kirchenliedern erklärt.
Außer dem festen Reimschema aabccb ist die Form Variantenreich, die Zeilen können männliche und weibliche Kadenz haben, entweder durchgängig oder im Wechsel. Auch die Anzahl der Hebung ist nicht festgelegt und das Metrum ist meistens jambisch, aber nicht immer. Einige der zahlreichen Varianten der Schweifstrophe tragen sogar gesonderte Namen, wie z.B. die Stabat-Mater-Strophe, aber der gebunden-schwingende Charakterzug ist ihnen allen eigen.
Oft wird der Schweifreim formal als Kombination aus einem Paarreim und einem folgenden umarmendem Reim beschrieben. Die erste Phrase der Strophe reicht jedoch normalerweise bis ans Ende der dritten Zeile, und obwohl es auch einige wenige Gedichte gibt, bei denen die ersten beiden Zeilen der Schweifreimstrophe eine Phrase bilden, wird diese formale Zusammensetzung der Form nicht gerecht.
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