Sollbruchstelle

Der Wind wiegt den
Sommerflieder.
Ein Taumeln bunter
Schmetterlinge
steigt auf und ab.

Nichts scheint
dem Moment
seine Leichtigkeit
stehlen zu können,

käme da nicht ein
Gedanke auf.

Lieber Thomas,
es ist schon verrückt, was anderen an eigenen Texten auffällt. Stehlen oder nehmen? Der Text entstand sehr spontan. Deine Interpretation und Gedanken sind interessant für mich.
Danke für diese Anregungen.
Liebe Grüße
der Sanderling

Liebe Gabi,
danke für deinen Kommentar. Eine Sollbruchstelle ist natürlich ein technischer Begriff. Hier wird er zum Symbol für den gedanklichen Moment, der sich dieser Naturbeobachtung anschließt. Sprich: Erst die Abwendung der ausschließlichen Beobachtung hin zum reflektierenden Denken führte zum Bruch des Empfindens. ( Zu viel Erklären macht es hoffentlich nicht komplizierter )

Liebe Grüße
der Sanderling

Lieber Sanderling,

interessant, wie verschieden dieselben Worte auf die verschiedenen Leser wirken. Für mich ist das ein deutlicher Verweis auf die Vergänglichkeit des Augenblicks…

Der letzte Gedanke wäre dann nur angedeutet und nicht im Gedicht enthalten und der Ausdruck „Sollbruchstelle“ ein Hinweis auf eine Art göttlichen Plan.
Übrigens würde auch ich „nehmen“ bevorzugen…

Herzliche Grüße aus Samothraki, wo es von Sollbruchstellen dieser Art nur so wimmelt
Karlheinz

Lieber Karlheinz,
dein Beitrag zeigt mir selbst noch einmal auf, wie kurz der Genuss des Augenblicks sein kann. Eigentlich endet der Moment aber gar nicht, sondern die Bewusstwerdung des Moments und seine gedankliche Bewertung stört das Weitererleben.
Dein Beitrag lädt mich ein, mehr "Momentbaden" einzuüben. Vielleicht lässt sich das Denken ja etwas in Urlaub schicken.

Liebe Grüße
der Sanderling

Lieber Sanderling,

auch mir gefällt die Überschrift "Sollbruchstelle", da gerade der technische Begriff ein Spannungsfeld zu dem Text eröffnet. Im übrigen ziehe ich "stehlen" vor, denn entspricht nicht genau das häufig unserem Gefühl des geklauten Momentes? Als wolle uns jemand die Zeit vorsätzlich!!! rauben. Natürlich ist das eine subjektive Wahrnehmung, aber Gedichte spiegeln für mich nun mal subjektive Wahrnehmungen wieder.

Ich bin der Meinung, dass jedes Wort gerade in einer Verdichtung wichtig ist, gleichgültig, ob Verb oder Adjektiv oder Substantiv oder.. Ein Gedicht ist eine Gesamtkomposition, in der auch jeder Ton zählt!

In diesem Sinne grüße ich dich herzlich

anna a.

Liebe anna,
danke für deinen Kommentar, zeigt er mir doch noch einmal und immer wieder neue auf, wie facettenreich das Erleben der LeserInnen ist. Besonders bei den freien Texten will ich gar nicht so sehr in die anschließende Reflexion gehen, merke ich. Ich hatte meinen Grund, weshalb ich "stehlen" schrieb, auch wenn er unreflektiert war.

Liebe Grüße
der Sanderling

Lieber Thomas,
"warum nicht..." Fragen, kann man zahllose stellen. Aber warum sollte ich mich das fragen, schließlich hatte ich die Idee zu "Sollbruchstelle", die ich nach wie vor gut finde. Also, warum sollte ich daran nicht festhalten?
Liebe Grüße
der Sanderling

Lieber Sanderling,

um Thomas Vorschlag aufzugreifen, könntest du es auch einfach "Bruch" nennen, aber wie du schon zurecht bemerkt hast, Worte fließen aus uns heraus und manchmal passen sie genau so dorthin. Die Diskussion zeigt mir jedenfalls wieder, dass ich lerne möchte, mich mit anderen über meinen Text auszutauschen und die Wirkung der Worte nachzuvollziehen, meinen Text daraufhin zu überdenken, damit er in letzter Konsequenz sich stimmig in meine Sprachmelodie einfügt.

Liebe Grüße

anna a.