Alles ist ganz wunderbar,
urgemütlich, hell und klar
und an Glücksmomenten reich
in der… ach, wie sagt man gleich?

Na, egal! Es ist so toll,
grandios und eindrucksvoll,
Lebensfreude gibt's zuhauf
in der… – wart, ich komm noch drauf.

Ist die Welt nicht liebenswert,
positiv und unbeschwert?
Sorglos sind wir fit und jung
in der… – Was? Erinnerung?

Nein! Die ist nicht nur famos,
manche wärn wir gerne los.
Aber prächtig wie noch nie
geht's uns in der… – Nostalgie!

Lieber Thomas,

eigentlich bin ich ein absolut humorloser Griesgram und Wutbürger, gegen den ein Sauertopf wie eine Süßspeise wirkt, aber zum Glück kann man sich im Internet gut tarnen.

Und danke - ich bleibe so!

Liebe Grüße,
Stefan

Hallo lieber Griesgram und Spaßmacher,

mir geht es auch schon so ähnlich:

Heute in der Bäckerei,
traf ich Herrn..... du weiß schon wen.
Der kam zufällig vorbei,
hab ihn lang nicht mehr gesehn.
Ach, wo wohnt der jetzt nur gleich,
irgendwas, denk ich mit K…!
Scheinbar wird die Birne weich!
Jedenfalls war er heut da!

Herzliche Grüße, Heidi

Liebe Heidi,

oder wie heißt Du gleich wieder?

Wird die Birne langsam weicher,
dann verschlammt der Kurzzeitspeicher.
Was wir eben grad noch wussten,
zählt zu den Totalverlusten
und was vom Gedächtnis blieb,
ähnelt stark 'nem alten Sieb.
Kurzer Lichtblick und Erhellung:
Gibt es nicht 'ne Werkseinstellung?
Dann Enttäuschung, leichtes Schmollen:
Mein Resetknopf ist verschollen...

Liebe Grüße,
Stefan

lieber Stefan
ich wünsche uns hier allen wir könnten so herrlich die Glücksmomente genießen.
Ich habe bei einem Ehepaar gearbeitet. Er war so Strahlemännchen, immer bester Laune, spielte mit 92 Jahre jeden Mittwoch mit mir Bauernskat und für sich allein Schach. Bis er ganz plötzlich nicht mehr wusste wie er die Figuren setzen muss. Das war ein schlimmer Tag für uns Beide. Er schaute mich ganz verloren an und fragte: "Bin ich es noch, oder bin ich es nicht"?
herzlich Ilona

Lieber Plotzen,

ist das nicht ganz wunderbar,
es ist so wie es nie war.
Alles kann man neu erfahren,
wie als Kind vor vielen Jahren.
Jeden Tag das gleiche Staunen,
auch wenn die Verwandten raunen:
"Jeden Tag das gleiche Spiel."
Manchen wird es gar zu viel.
Manche fangen an zu lachen,
doch wir freuen uns über Sachen,
die schon Wochen wir bekommen.
Freude sei uns unbenommen.
Und ich sage ohne Scheu,
jeder Tag macht alles neu!

Liebe Grüße, Heidi

Liebe Ilona, liebe Heidi,

im realen Leben ist es leider nicht so spaßig, wenn die Synapsen nicht mehr feuern. Weder für den Betroffenen (wenn er es noch mitkriegt) und schon gar nicht für die Angehörigen und das Umfeld. Aber gerade, weil es bedrohlich ist (und man wenig dagegen machen kann), ist Humor und Selbstironie durch die Ausschüttung von Dopamin eine Art von Vorbeugung und Selbstschutz.

Liebe Grüße,
Stefan

Lieber Stefan, das hast du treffend gedichtet. Man kann gar nicht das Lachen verhindern.

Diese Woche habe ich den Film, "Still Alice" gesehen. Ein erschütterndes Drama. Bei Demenz oder Alzheimer, ist für die Betroffenen der Übergang bis zum völligen Vergessen, die schlimmste Zeit. Danach sind sie dann nur noch wie Kinder, die alles neu entdecken. Dann sollte man sie auch so behandeln. Mit Geduld und Verständnis. Es bräuchte viel mehr Hilfe und Aufklärung für die Angehörigen und auch für Pflegekräfte.

LG Heike

Liebe Heike,

das stimmt, die Übergangszeit, in der sich die Betroffenen ihrer Gedächtnislücken (noch) bewusst sind, ist die schlimmste. So war das auch bei meinem Vater, der seit schon lange an Parkinson leidet und inzwischen ein Pflege"fall" ist.

Eigentlich zielte mein Gedicht mehr auf die Verklärung der Vergangenheit im nostalgischen Schwelgen ab, in der ja auch ein Vergessen in Form von (bewusster oder unbewusster) Verdrängung von Unerfreulichem steckt. So kam ich erst auf die Idee des Nichteinfallens der Worte "Erinnerung/Nostaglie".

Jedenfalls freut es mich, dass man trotz des ernsten Themas drüber lachen kann .

Liebe Grüße,
Stefan

Lieber Stefan,
schlechte Erinnerungen haben, zum Glück, eine sehr kurze Halbwertzeit. Der Rest wird in irgendeiner Kiste im Hirn verstaut und modert dahin, das ist sehr beruhigend. Warum sollen wir uns mit schlechten Erinnerungen herumschlagen? Die Ereignisse können sowieso nicht mehr geändert werden. Olle Hemingway (siehe weiter unten) hats auf den Punkt gebracht .
Dein Gedicht zeichnet die kleinen Gedächtnislücken sehr lustig auf, die sicher nicht schlimm sind, viel eher zum Lachen bringen sollten.
Klar ist selbstvertändlich, dass Lücken als Begleiterscheinung von Erkrankungen überhaupt nicht zum Lachen reizen.
Ich hab dein Gedicht sehr gerne gelesen.
Herzliche Grüße,
Heliane.

Liebe Heliane,

mit schlechten Erinnerungen sollte man sich nur dann länger befassen, wenn man daraus lernen kann, beispielsweise, weil sie aus eigenen Fehlern resultierten. Die behält man dann aber auch meiner Erfahrung nach lange genug in Erinnerung.
Alzheimer und Erinnerungslücken sind eigentlich kein lustiges Thema, sondern eher beunruhigend. Aber bei Angst Einflößendem hilft es oft, sich lustig drüber zu machen. Damit nimmt man ihm einen Teil seines Schreckens .

Dank Dir und liebe Grüße!
Stefan