Törichtes Reimen Dante Alighieri schreibt in seiner "Vita Nova" (Das neue Leben, ich zitiere aus der Übertragen von Hanneliese Hinderberger) in Kapitel 25 einige interessante Sätze zum Thema "Reimedichten", welche ich hier bekannt machen möchte.
Dies möge dem zur Erläuterung dienen, dem irgendeine Stelle dieses meines Büchleins fragwürdig erscheint. Und damit kein Stümper sich etwa erdreiste, sage ich, dass weder die genannten Poeten ohne alle Ursache so reden, noch dass die Reimdichter so sprechen, ohne einen Grund zu haben für das, was sie sagen. Denn es wäre eine große Schande für den, der unter dem Gewande schöner Wendungen oder rhetorischen Schmucks reinem würde und alsdann, darüber befragt, seine Worte dieses Schmucks nicht zu entkleiden wüsste, weil sie ohne diesen keinen Sinn mehr hätten. Mein bester Freund und ich kennen wohl solche, die also töricht reimen.
Das wurde von über 700 Jahren aufgeschrieben, das Problem ist also nicht neu
P.S.: Sicherheitshalber. Ich beziehe das nicht auf Beiträge hier im Forum.
Lieber Thomas, manno, schon wieder ein uraltes Thema aufgewärmt? Was willst du mit dem Dante-Zitat beweisen? Dass die Reimer die Dummen und die „freien“ den Gral der Dichtkunst gefunden haben? Dann erkläre mir bitte, warum die schönsten Vers- und Strophenformen vor und nach und mit Dante gereimt sind? Griechen, Römer, Perser, Osmanen ….. reimten die herrlichsten Werke. Warum wohl? Weil sie diesen Schmuck, den Klang der Reime liebten. Zeige mir bitte einen „freien“ Hobby-Dichter, der wirklich in der Lage ist, Klang in seine Verse zu bringen und mit Sprache zu schmücken. Nach Reimern, die Sprache und Klang im Griff haben, musst du nicht lange suchen. Ganz nebenbei bemerkt: Was vor 700 Jahren Gültigkeit besaß, muss heute kein Gewicht mehr besitzen und ist durch Generationen von hervorragenden Dichtern längst widerlegt. Sich über die Reimfraktion lustig zu machen, ist so unnötig, wie ein Kropf . Herzliche Grüße, Heliane
hier an dieser Stelle nun, möchte ich ein Pamphlet zur Ehrerrettung tun, weils nicht anders geht. Die von dir erwähnten Zeilen, dies bemerkte ich bisweilen, sind nicht zum da Schutz der "Freien", weil sie zum Ruhm der Reimer seien. Denn nur mit Sinn gilt es zu Worten, nicht nur hier an allen Orten und dies machts du somit klar. Dies gilt heut und auch vor siebenhundert Jahr. Wie kann man das denn falsch verstehn? Hier muss ich auf die Barrikaden gehn. Der Thomas spricht durch Dantes Mund, ja er tut uns diese Wahrheit kund, dass Dichten einen tiefen Sinn ham soll, sonst wär das Schlimm. Den Vers libre, den tangiert das zwar, wovon jedoch vor deinem Kommentar, Medusa nicht die Rede war.
So nun Thomas soll es sein, ich stimme mit dir überein und würde mir niemals anmaßen mit dem Dichten rumzuspaßen.
Dein dir ergebenen, von deinen Worten mittleiweile physisch abhäniger Kumpel und Mitpoetrieslammer
ich lese das Dante-Zitat nicht so, dass er nun grundsätzlich etwas gegen das Reimen hat. Nein, es geht um das "törichte" Reimen, das nur auf Klang und "Schönheit" aus ist, aber das Inhaltliche vernachlässigt. Das ist ja auch das Problem heutigen Lyrikschreibens. Die Gegenwartslyrik ist von "Innerlichkeit" überschwemmt, die aber im Grunde wenig bis nichts thematisch vorweisen kann. Die großen Probleme der Gegenwart werden nicht aufgegriffen oder sind als Ideologie verpönt. Klang da, wo er hingehört, und das sehe ich zumeist in Naturgedichten und manchmal auch Liebesgedichten. Da ich selbst reime, kenne ich die Problematik des Reimgedichts ganz gut, kenne seine Tücken und seine Vorteile. Ich habe aber festgestellt, dass ich mit dem ungereimten Gedicht mehr Ausdruck erreiche als mit dem gereimten Gedicht.
Aber was Dante da angesprochen hat, das ist ein ganz altes und ganz weites Feld der Lyrik, und da werden wir wohl niemals den scheinbaren Antagonismus zwischen Gereimt und Ungereimt überwinden können. Es gibt sone und solche Lyriker, und am besten haben es die, die beides tun, nämlich mal so und mal so. Es kommt darauf an, welches Thema auf welche Weise bedichtet werden soll.
Aber Dante geht es ja vor allen Dingen um die Hohlheit von Phrasen, die sich als Klang und Schönheit ausgibt, er schreibt ja, nimm dem Poeten bestimmte Wörter weg und es bleibt nichts. Er ist also Vertreter des Schwergewichts des Inhaltlichen. Ich sehe es ähnlich, bin aber der Ansicht, erst wenn beides zusammenkommt, Inhalt und Form, dann erst kann man von einem gelungenen Gedicht sprechen, wobei der Inhalt die Form bedingt.
genauso habe auch ich das Zitat von Dante verstanden. Wer einmal die "Göttliche Komödie" gelesen hat, der kann Dante verstehen. Ich habe das Buch verschlungen wie einen Krimi. In seinen Versen spürte ich den genialen Gedanken. Nichts in seinen Zeilen ist Inhaltsleer. Er schreibt nicht Worte um der "Schönheit" der Worte zu preisen. Er ruft auf, er fesselt, er bannt mit seinen Worten, er schürt meine Ängste und er versöhnt. All das können wir mit und ohne Reim tun. Wichtig ist, in keinem Wort zu vergessen was wir dem Leser sagen wollen und sagen müssen.
es freut mich, dass auch euch dieses Zitat so angeregt hat. Wie Priska gut erklärt geht es tatsächlich um das "törichte" Reimen, das inhaltsschwache Reimen, nicht das Reimen an sich. Dante hat ja selbst gereimt geschrieben. Mir ist beim Lesen sofort einiges Ungereimtes in den Sinn gekommen, und fast scheint es mir, dass "törichtes Reimen" ohne Reim sogar besonders gut funktioniert, so wie ich das mit meinem Rettungsfrage-Experiment schon ausprobiert habe.
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