Gender/in

Lieber Hendrik,

bezüglich der Handy-etc-Verhunzung der Sprache gebe ich dir völlig Recht. Wenn du das Gendern nicht so tragisch findest, hast du Glück. Mich stört es so sehr, dass ich es fast nie schaffe solche Texte zu Ende zu lesen – einfach wegen der Hässlichkeit.

Der Unterschied zur Handyverhunzung, die jeder privat macht, oder auch nicht, liegt auch darin, dass das Gendern auf übergriffige und moralisierende Weise daherkommt und teilweise erzwungen wird, z.B. an Unis oder in Medien – obwohl der Zwang meist geleugnet wird. Außerdem finde ich Gendern sexistisch, d.h. das Gegenteil von dem, was es vorgibt zu sein.

Ok, aber ich will mich nicht aufregen und versuchen es von der lustigen-lächerlichen Seite zu sehen, wie ich es in dem Gedichtlein getan habe.

Liebe Grüße
Thomas

Liebe anna,

es ist so, auch wenn die Gender-Aktivisten das Gegenteil behaupten.

Wenn jemand zur Begrüßung den Menschen nicht ins Gesicht schaut, sondern erst einmal zwischen die Beine, um festzustellen, ob es sich um Männlein oder Weiblein handelt, dann halte ich das für sexistisch. Und genau das tut die Gender-Ideologie.

Als Vorwand für die "Sichtbarmachung" des Geschlechts wird die Behauptung angeführt, die deutsche Sprach sei männerdominiert und lasse die Frau hinter dem generischen Maskulinum verschwinden. Das ist Quatsch, was man schon an der einfachen Tatsache sieht, dass viele Dinge maskuline Form haben: der Mond, der Schubkarren (aber die Schubkarre), der Roller, der Fenstergriff etc. Verdeckt der männliche "Fenstergriff" etwa die "Fenstergriffin" ? Bei Lebewesen ist es genauso. "Der Mensch" umfasst Frauen und Männer. Genauso umfasst der Mitarbeiter Menschen ganz unabhängig vom Geschlecht. Übirgens ist bisweilen auch die weibliche Form die unmarkierte. Die Katze steht für weibliche und männliche Tiere, wenn ich ein männliches Tier bezeichnen will, muss ich der Kater sagen.

Aber wie wir als Poeten wissen, erhalten Worte (und nicht nur Worte, sondern auch Silben und einzelne Laute) ihre genaue Bedeutung durch ihre Umgebung und den Zusammenhang in dem die stehen. Wenn ich sage: Mein Lieblingsschauspieler ist Gustaf Gründgens, dann ist durch den Zusammenhang klar, dass es sich um einen Mann handelt, und entsprechend muss ich durch Anhängen von "in" in diesem Zusammenhang sagen: Meine Lieblingsschauspielerin ist Maria Becker.

Wenn ich jedoch sage: Ich mag Schauspieler lieber als Politiker, dann ist offensichtlich, dass ich Menschen meine, die schauspielern, und Menschen, die politisch tätig sind, ganz unabhängig von Geschlecht. Wenn jemand jedoch glaubt, er müsse in diesem Satz das Geschlecht expliziert markieren, und deshalb "Schauspieler/innen" und "Politiker/innen" sagt, dann ist das genau wie der oben erwähnte Blick zwischen die Beine, anstatt ins Gesicht.

Liebe Grüße
Thomas