Draußen vor der Tür

Es flammt ein Leuchten übern Berg,
die Sonne bäumt ein letztes Mal.
Und hinterm Steinkreuz wohnt ein Zwerg,
der kichernd zieht am Sonnenstrahl.

Da tanzt eine Fee im leuchtenden Rot,
die Rehe schaun erstaunt.
Ein Vögelchen singt von Leben und Tod.
Der Hirsch ist gut gelaunt.

Ein Frischling entkommt und fällt in den Teich,
ein Wildschein grunzt gar laut,
die Bache verstört, der Eber wird bleich,
sein Kind hat sich versaut.

Ein Karpfen probierts ans Ufer zu ziehn.
Der Reiher holts an Land.
Der Karpfen versucht nun schleunigst zu fliehn.
Ein Hase hüpft im Sand.

Es flammt ein Leuchten übern Berg,
die Sonne bäumt ein letztes Mal.
Im Blätterfaltboot sitzt der Zwerg,
das wilde Bächlein rauscht ins Tal.

Der Igel erscheint mit Blättern bespickt.
Die Eule ist erwacht.
Ein Würmlein entkommt der Schwalbe geschickt
und selbst der Riese lacht.

Es raschelt im Laub, es wichtelt schon sehr.
Ein Lied perlt durch die Luft.
Ertrinken wir bald im Farbenspielmeer,
verführt vom Blütenduft?

Es flammt ein Leuchten übern Berg,
die Sonne bäumt ein letztes Mal.
Im Schlepptau zieht der Zipfelzwerg,
den Frühling hinunter ins Tal.

Liebe Clara,

mir fällt es schwer, das Gedicht zu deuten! Auch die Form bzw.. der Rhythmus wirken auf mich sperrig und hölzern.

Kannst du mir bitte helfen, es besser zu verstehen!?

Liebe Grüße aus Lüli
Karlheinz

Nun, lieber Carlino, es ist ein Experiment:

Die drei Haltestrophen haben folgenden Rhythmus:

Es flammt ein Leuchten übern Berg,
xXxXxXxX
die Sonne bäumt ein letztes Mal.
xXxXxXxX
Und hinterm Steinkreuz wohnt ein Zwerg,
xXxXxXxX
der kichernd zieht am Sonnenstrahl.
xXxXxXxX

Nur die allerletzte Zeile "den Frühling hinunter ins Tal" ist frei.

Die Zwischenstrophen haben einen anderen Rhythmus, allerdings alle gleich. Hier habe ich die Chevy-Chase-Strophe versucht, allerdings in einer Abwandlung. Wie gesagt ein Versuch. Und trotzdem lässt es sich ohne Holpern und Stolpern leicht lesen. Es bekommt eine ganz eigene Note dadurch. Vielleicht spreche ich es euch noch später auf Band.

Da tanzt eine Fee im leuchtenden Rot,
xXxxX/xXxxX
die Rehe schaun erstaunt.
xXxXxX
Ein Vögelchen singt von Leben und Tod.
xXxxX/xXxxX
Der Hirsch ist gut gelaunt.
xXxXxX

Vom Inhaltlichen gibt es nicht viel zu Interpretieren. Es wird Abend (mit Abendrot), der Frühling ist
im Anmarsch und alle kommen aus ihren Löchern gekrochen und sind bester Laune (nur bei Wildschweins
wäre es fast zum Desaster gekommen.)
Ich bin auch nicht böse, wenn es euch überhaupt nicht gefällt.

Liebe Grüße
Clara

Liebe Clara,

vielen Dank für die ausführlichen Erläuterungen! Natürlich ist es dem Gedicht anzumerken, dass in ihm sehr viel Arbeit steckt und ich lasse mich auch gern auf Ungewohntes ein und als vernichtender Buhruf ist schon gar nicht gemeint. Die Protagonisten sind ja auch alle bekannt und verständlich, nur hatte ich nicht verstanden, dass du einfach das Herauskommen nach dem Winterschlaf darstellen wolltest. Vielleicht hat mich der Titel irritiert: “Draußen vor der Tür“ ist bei mir quasi besetzt, weil ich an ein Nachkriegsstück von Borchert automatisch erinnert wurde...

Jetzt hab ich es aber besser verstanden und freue mich schon auf deine Stimme!

Liebe Grüße aus Lüli
Karlheinz

Lieber Carlino,

immer gerne doch. Zuerst hatte mein Gedicht den Titel "Mach doch mal die Tür auf!". Der gefiel mir dann aber nicht mehr,
deshalb habe ich es umgetauft. Mit Borchert und seinem Thema hat es freilich nichts zu tun.

Mit den Buh-Rufen war nur als Spaß gedacht, aber ich habe es wieder gelöscht.

Das MP3 ist jetzt eingestellt, in der Soundecke. Ich wusste nicht, ob man es hier in der Rubrik anhängen darf.

Und danke, dass du dich mit meinem Gedicht beschäftigst.
Liebe Grüße
Clara

Nachtrag:
Ich habe noch ein paar Wörter geändert. Besonders den Übergang von der 1. zur zweiten Strophe, da dort durch den Rhythmuswechsel die richtige Betonung von Elfenfrau bisschen schwierig war. Jetzt dürfte es einfacher sein.