Sehnsuchtsloch

Mach dir deinen Gott nur
und wart auf ihn allzeit!
Er wird nicht kommen,
doch deiner höhnen!

Herbst draußen und drinnen,
da gibt’s kein Entrinnen!
Früher oder später
spürt das einfach jeder...

Lieber Thomas,

vielleicht nicht aus einem Guss, aber aus einem Erguss. Der Text entstand spontan genau so und ist völlig unbearbeitet.

Danke fürs Lesen und deinen Kommentar!
Liebe Grüße trotz trister Stimmung
Karlheinz

Lieber Karlheinz,

der Herbst und seine Inspirationen scheinen im Menschen gerne Ambivalenzen auszulösen. Dein paariges Gedicht empfinde ich auch so. Insofern sehe ich Zusammenhänge zwischen beiden Teilen. Ich finde gut, dass du es einfach so, ohne weitere Bearbeitung eingestellt hast. So scheint es mir, dass auch du dich ihm noch genauso überrascht und fragend stellst, wie die Leser*in.

Übrigens: Ein 75 jähriger Pfarrer hier aus der kath. Gemeinde hat einmal auf die Frage, wie sein Verhältnis zu Gott eigentlich ist, geantwortet, … ihn hätten diejenigen immer schon skeptisch gemacht, die sich im Glauben Jahrzehnte nur fest verankert erlebten. Er selbst würde sich einem andauernden Prozess des Haderns, Glaubens, Streitens und Hoffens befinden. Mich würde interessieren, was er in deinem Gedicht liest.

Einen schönen Sonntag für dich!
der Sanderling

Lieber Sanderling,

das Auseinanderklaffen der beiden Teile liegt unter anderem auch an der Form: im 1. Teil herrscht ein fast salbungsvoller gehobener Ton, im 2. Teil ist der Ton eher flapsig, und außerdem ist er gereimt.

Zum Inhalt: die Sehnsucht nach Gott, bzw. einer höheren Macht, ist dem Menschen, so meine ich, zunächst angeboren, der Zweifel auch. Der Herbst, der Depressionen begünstigt, bringt uns noch stärker zum Grübeln und zum Hadern angesichts der eigenen Vergänglichkeit und Ohnmacht.

Vielen Dank für deine Gedanken! Auch mich würde es interessieren, was der Pfarrer aus dem Gedicht herausliest!

Liebe Grüße aus Lüli, wo die evangelischen Christen aufgespalten sind in konventionelle Gewohnheitskirchgänger und supereifrige Evangelikale
Karlheinz

Lieber Thomas,

spätestens angesichts einer Herbstdepression, spürt jeder, dass seine Sehnsucht nach Gott einfach sinnlos ist, da er nicht kommt und sein Fernbleiben nur als Verhöhnung gedeutet werden kann. Am Ende des Nachdenkens steht ein Sehnsuchtsloch, das nicht gefüllt werden kann. So oder ähnlich wäre meine Interpretation.

Vielen Dank für deine Rückmeldung! Grüße aus Lüli
Karlheinz