Dieses Gedicht habe ich im Jahre 2008 geschrieben. Es enthält sicher einige verbesserungswürdige Reime. Aber ich möchte es so lassen, denn ich schrieb es ganz zu Anfang meiner Schöffentätigkeit am Landgericht. Es war mein erster Fall in dem es um Vandalismus ging. Hier hatte das Gericht nicht zu entscheiden, was ist Kunst und was nicht. Leider, den der vorsitzende Richter versuchte dem Kläger nahe zu legen, eine gütliche Einigung zu erlangen. Aber der Kläger, die Stadt Kiel blieb hart und der Spreyer wurde verurteilt. Er hatte eine verwahrlose Mauer mit einem Reh besprüht.
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Sah ein Sprayer die Mauer stehn,
Mauer in der Großstadt,
War so kahl nicht anzusehn
Sprüht er schnell ein Bild nicht matt,
Sah es mit großen Freuden.
Mauer, Mauer, Mauer so grau
Mauer in der Großstadt.

Sprayer sprach: „Ich sprüh dich bunt,
Will mich gerne dran weiden
Mauer sprach: Ich will ein Hund
Mir wird´s sicher gut kleiden.
Oder ein Rehlein auf grauem Grund.
Mauer, Mauer, Mauer so grau
Mauer in der Großstadt.

Und der wilde Sprayer sprüht,
Sprüht ein Reh in die Großstadt
Mauer freut es, ist erblüht.
Dankt dem Maler für die Tat.
Hast dich wahrlich abgemüht.
Mauer, Mauer, Mauer so bunt
Mauer in der Großstadt.

Doch der Maler wird gesehn
Strafe fordert`s Landgericht.
Muss nun dafür grade steh
Trauer steht ihm im Gesicht.
Mauer mault: das geht so nicht.
Mauer, Mauer, Mauer so bunt
Mauer in der Großstadt.

Kunst ist sehr oft illegal
Oft schön frech und kunterbunt
Glanz und ein Freudenstrahl
Dieser graue Hintergrund
Wird nun wieder dumpf und fahl
Mauer, Mauer, Mauer so grau
Mauer in der Großstadt.

lieber Thomas
das Böse kam noch viel später. Der junge Mann wurde wegen Sachbeschädigung zu 30 Tagessätze, einer Geldstrafe von 3000,- Euro und nicht zum überstreichen verurteilt.
Die Stadt packte das Geld ins Säcklein. Sie hatte die Strafe nict in Gemeinnützige Arbeit umwandeln wollen. Sie wollte von dem Geld eine Fachfirma angagieren. Nach Monaten habe ich dieses Bild gemacht. Die Stadt hat nie eine Malerfirma beauftragt.
Ja so ist es manchmal mit Recht und gerecht.
herzlich Ilona

Liebe Ilona,
so ist es, wenn Juristen und uniformierte Gesetzteshüter über Kunst entscheiden dürfen - es kommt nichts dabei heraus. Das Strafbedürfnis der Öffentlichkeit wird befriedigt und Ruhe ist.

Zitat

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Die Stadt hat nie eine Malerfirma beauftragt.

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DAS ist heftig!
Ein tolles Gedicht, zu dem ich kleine Vorschläge habe. Aber ich kann sehr gut verstehen, dass du nichts mehr ändern möchtest. Mir gehts mit alten Gedichten ebenso.
Sehr gerne drüber nachgedacht.
Herzliche Grüße,
Heliane.

liebe Heliane, lieber Thomas
zur Verteidigung des Richters muß ich sagen, er fand den Sachverhalt eher beschämend ihn zu verhandeln. Außerdem hatten wir Schöffen den Eindruck, er liebt die Spreykunst. Das durfte er natürlich nicht öffentlich äußern. Es ging hier auch nicht um Kunst oder nicht. Es ging ganz banal um Sachbeschädigung und wurde so auch behandelt. Die Stadt hat extra einen Gutachter beauftragt, den ermittelt was es kostet die Wand im ursprünglichen Zustand herzustellen. Leider wird dabei nicht berücksichtigt wie es in der Umgebung und wie die Wand tatsächlich aus sieht. Der Eigentümer darf also laut Gesetz (darauf hoffen, die Wand beschmiert zu bekommen) Unsere Rechtsprechung ist hunderte von Jahre alt. Da hat der alte Goethe vollkommen ins Schwarze getroffen
herzlich Ilona

Liebe Ilona,
meine Sympathie gehört eindeutig dem Sprayer und das Rehlein ist wirklich zu süß.
Schön dass Du mit dem Gedicht ein Denkmal dem gesetzt hast.
Liebe Grüße,
Heidi

lieber Thomas
vielen Dank (jetzt werde ich ganz rot)

liebe Heidi, da stehen wir auf einer Seite mit unserer Sympatie.
herzlich Ilona

Liebe Ilona,
was für eine Geschichte! Und dein Gedicht kommt einer Huldigung an den Sprayer gleich.
Alleine damit zeigst du sehr schön auf, dass wir immer wieder aufgefordert sind genau hinzuschauen, was um uns herum geschieht und Stellung zu verziehen. Was Gerichte tun ist etwas ganz anderes. Wie schön, dass das Reh überlebte.
herzliche Grüße,
der Sanderling

lieber Thomas
genau dazu ist die Zivilgesellschaft aufgefordert. Die Gerichte haben dieses Recht nicht oder nur sehr eingeschränkt. Ein Gericht ist dazu da, Gesetze und Verordnungen durchzusprechen und an Hand von Gesetze und Pharagrafen zu urteilen.
Die Zivilgesellschaft ist der Gegenpol und sollte auch mit dem Herzen urteilen. Der Schöffe bei Gericht soll eigentlich immer das Bindeglied zwischen den beiden sein. Fragst Du mich heute ob er das wirklich ist, dann muß ich Dir leider sagen, er ist es nur sehr eingeschränkt. Es gab genügend Fälle, in denen ich mich als Schöffin nur als Makulatur empfunden habe. Vorallem wenn in Hinterzimmern Absprachen getroffen wurden.
Inzwischen bin ich aber nicht mehr als Schöffin tätig.
herzlich Ilona

Liebe Ilona, was für eine schöne Verdichtung des Mauerrehleins. Der Stadtverwaltungsirrsinn hat einen Namen "[u]Schildbürgerstreich[u]" Hier hätte man durchaus die Stadt wegen Verschwendung von Steuergeldern verklagen können. Das Rehlein sollte doch nur das Gras wegfressen was die Stadt vergessen hat zu beseitigen. Man sollte so manche Stadt umtaufen zu "Schilda"
LG Heike

liebe Heike
Du hast so Recht, oft kann man nur mit dem Kopf schütteln.

herzlich Ilona