Der feine Unterschied oder Ich gehöre nicht zu den Trotteln, die Satire nicht verstehen
Herr Blödelmann, ich hab es kapiert, ihr Beispiel hat mich inspiriert, drum demonstriere ich messerscharf, was man in Freiheit darf und nicht darf. Wahrscheinlich zeigt mich jemand an, dabei versuch ich nur auszuloten: Was ist erlaubt und was verboten? Nun seien sie bitte einmal so nett und beachten dieses kleine Stilett. Ich steche ihnen jetzt bewusst zwischen die Rippen in die Brust. Dass Sie dabei drauf gehn, ist nicht relevant, im Kontext der Handlung liegt klar auf der Hand, es geht nur darum auszuloten: Was ist erlaubt und was verboten?
lieber Thomas ich muss Dir doch wohl nicht erzählen, es gibt ein Strafgesetzbuch. Danach ist es eindeutig verboten einen anderen Menschen zu verletzen. Allerdings kannte ich bis vor wenigen Tagen nicht das Gesetz nach dem es einen Unterschied gibt, ob Du einen Normalbürger verletzt oder ein Regierungsoberhaupt.
Liebe Ilona, wir haben aber auch ein Grundgesetz, das uns Meinungs- und Redefreiheit garantiert, eine Zensur gibt es nicht. Viele liebe Grüße, Heliane.
Lieber Thomas, Satire braucht ein Feindbild, dessen Fehler aufgepiekt werden können, sollen, müssen. Die Fakten dürfen die Wahrheit nicht verfälschen, der Zuschauer soll lernen, lachen und zum Nachdenken angeregt werden. Anderenfalls wird Satire zur Propaganda und der Satiriker angreifbar.
Das ins Kreuzfeuer geratene „Gedicht“ beruht zum großen Teil auf unappetitlichen Vermutungen und ist des Titels „Satire“ nicht würdig. Dass Erdogan wütet und Anzeige erstattet, ist verständlich, besonders nachdem „uns Angela“ durch ihre erste Stellungnahme Rückenwind signalisierte. Eine solche Anzeige ist nix Neues, schon der Schah hatte sie gegen Verunglimpfungen aus den Reihen der linken Presse erstattet, hatte aber keinen Erfolg. Beide Herrscher standen bzw. stehen einem Land vor, in dem Meinungs- und Pressefreiheit erheblich eingeschränkt waren bzw. sind. Erdogan nimmt eine besondere Stellung in der deutschen Flüchtlingspolitik ein. Ihn aus diesem Grund zu hofieren und unser Grundgesetz zu verletzen, halte ich trotz des Pamphlets für äußerst bedenklich.
Mit deinem Gedicht zeigst du das Dilemma deutlich auf, begehst aber den Fehler, einen Mord, der laut StGB aus Rache, Geldgier oder ähnlichen Beweggründen begangen wird, mit der Freiheit, die uns das Grundgesetz garantiert, zu vergleichen, das sind Äpfel und Birnen. Trotzdem halte ich es bei deinem Werk gerne mit Tucholskys „Satire darf alles“. Dein Gedicht ist witzig und führt die gegenwärtigen Diskussionen ad absurdum – ich halte es für gelungen . Herzliche Grüße, Heliane.
Hallo Thomas und alle, ich weiß nicht, ob ich richtig liege, aber für mich ist Satire, die Möglichkeit Ohnmacht und Macht gegeneinander auszuloten, wobei ich es auch nicht gut finde, persönlich zu defamieren, es sollte immer um die Sache gehen, z.B. hier die eingeschränkte Pressefreiheit. Andererseits, wer in der Öffentlichkeit steht und besondere Animositäten zeigt, darf sich nicht wundern wenn er aufs Korn genommen wird und wäre dann allerdings gut beraten die Sache auf sich beruhen zu lassen, oder mit Humor zu kontern.
Satire gab es schon immer, zeigt manches wie durch ein Brennglas deutlich auf und hilft zu erkennen. Ich denke, wir brauchen die Satire.
ich weiß nicht, in welchem Zusammenhang Tucholsky gesagt hat "Satire darf alles", aber als allgemeine Aussage kann der Satz nicht stimmen. Mein Gedichtchen versucht das ja gerade auf den Punkt zu bringen. Auch die Pressefreiheit bedeutet nicht, dass alles erlaubt ist, sondern nur, dass keine Zensur erfolgen darf. Die Verantwortung für das, was gesagt wird, besteht natürlich und die Bestrafung von Beleidigungen widerspricht nicht der Pressefreiheit. Ich wundere mich, welche Begriffsverwirrung bei uns in der öffentlichen Diskussion gerade herrscht.
Auch muss man sich fragen, was Satire ist. Wenn jemand einen Primitivtext, den jedes Halbhirn im Suff vorbringen kann, als Kunst bezeichnet und sagt, dass das Satire sei, dann ist es noch lange keine Satire. Ich glaube nicht, dass Tucholsky den Text als Satire erkennen würde. Schon deshalb kann Tucholskys Satz, selbst wenn er allgemeingültig wäre, nicht auf das Machwerk angewendet werden.
Ich selbst hatte schon eine Beleidigungsklage am Hals, nur weil ich jemanden als "hinterhältig" bezeichnet habe. Dabei habe ich gelernt, dass es eine Liste von Begriffen gibt, deren Verwendung ganz automatisch eine Beleidigung darstellt. "Hinterhältig" gehört dazu und erst recht die Batterie an Worten aus der Fäkalsprache, die unser großer Satiriker losgelassen hat. Das als Satire bezeichnete Schmähgedicht ist eine Beleidigung. Die moralische Qualität des Beleidigten, ist unerheblich, er ist ein Mensch und hat als Menschen das Recht auf Würde. Das ist übrigens ein wesentlicher Punkt, der meiner Meinung nach in der Debatte übersehen wird. Alle unsere Freiheitsrechte bauen auf der Würde des Menschen auf! Selbst der schlimmste Verbrecher hat deshalb ein Recht auf Menschenwürde. Deswegen verstehe ich nicht, wie jemand so locker und leichtfertig mit der Würde anderer Menschen umgeht, der doch angeblich so hoch und hehr für die liberalen Freiheitsrechte kämpft.
Unabhängig von dem konkreten Fall beobachte ich seit Jahren eine zunehmende Tendenz von sogenannten Satirikern oder Comedians völlig roh die Gefühlen anderer Menschen zu verletzten. Ich sehe hier eine fundamentalistisch liberale Ideologie am Werke, die sich im Wesen nicht von anderen Fundamentalismen (islamistisch, christlich, etc.) unterscheidet. Liberalität ohne wirkliche Toleranz, d.h. das Schätzen des Anderen in seiner Andersartigkeit, ist nicht möglich.
Liebe Grüße Thomas
P.S.: Ich vertausche das "den" mit Derollis "die".
P.P.S: Gerade habe ich im Netz etwas zu "Tucholzky: Satire darf alles" gefunden, was ich sehr richtig finde. Hier das Zitat:
Der Berliner Journalist Friedhelm Greis, der im Internet den Tucholsky-Blog sudelblog.de unterhält, warnt allerdings vor mangelnder Differenzierung. Tucholskys Satire-Verständnis sei keineswegs auf das "sie darf alles" reduzierbar. "Vor allem in religiösen Fragen unterschied er klar zwischen den geistigen Inhalten und den daraus entspringenden gesellschaftlichen Ansprüchen der Religionen", sagt Greis. "Tucholsky hat sich immer genau überlegt, was er erreichen will", sagt Greis. "Buddha entzog sich seiner Ansicht nach gänzlich der Satire. Hier bestand für Tucholsky eine Grenze der Satire nach oben. Daneben gab es für den scharfzüngigen Schriftsteller auch eine Grenze nach unten. Zu den Nazis sagte er: 'So tief kann man nicht schießen'".
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