Ich will mein Herz nicht in die Hände nehmen und auf bequemen Trampelpfaden gehen, von Litaneien des Geschmacks getreten, die Herzen rühren ohne sie zu schaffen;
ich will verbluten es in solche Seelen, die den Verband mir legen um die Wunden, vorherempfunden nachempfinden können das tiefste Schlagen meines offnen Herzens.
Nur aus Natur und Harmonie und Liebe die alles, wirklich alles in sich schließen, soll meines Herzens Lobgesang erklingen,
und eine Einheit jenseits aller Bande, die die Gesetze des Verstandes binden, aus sich heraus in reiner Freiheit finden.
mit der ersten Strophe komme ich noch sehr gut zurecht. Allerdings würde ich in Z2 das "die" ersetzen durch "auf". Die zweite Strophe macht mir Schwierigkeiten. wenn ich es allerdings so lese: Ich will verbluten, es in solche Seelen, die den Verband mir legen um die Wunden, dann verstehe ich den Sinn besser. hier geht es mir genauso: schon vorher empfunden, nachempfinden können das tiefste Schlagen meines offnen Herzens. Ist es so gemeint? In der 3 Strophe würde ich das Wort schließen durch das Wort "bergen" ersetzen. Was meinst Du? herzlich Ilona
schön, dass du dich mit diesem seltsamen Ding beschäftigt hast. Deinen Vorschlag für Zeile 2 übernehme ich gerne, während ich (aus klanglichen Gründen) "bergen" nicht übernehmen möchte. Das "es" in der zweiten Strophe bezieht sich auf das "Herz" in der Strophe davor. Ich ändere die Interpunktation etwas, um es hoffentlich etwas leichter erkennbar zu machen.
Dein Gedicht ist bestimmt eine riesige Fleißarbeit, keine Ahnung ob es am Wetter liegt, es liest sich soooo schwer für mich. z.B. Litanei, Geschmack, Verband, Gesetz, Verstand ... Wenn doch das Herz singen soll? Wenn mein Herz singt, dann pfeife ich ein Lied. Vielleicht verstehe ich auch nicht, was Du meinst, dann entschuldige meinen Einwand.
Vielen Dank, dass du dich trotzdem damit beschäftigt hast. Aber es war gar keine Fleißarbeit, im Gegenteil, es war beim Nachdenken über Fragen der Poesie plötzlich da und in einem Zug aufgeschrieben. Ich habe dann vorsichtshalber nichts mehr daran getan, damit es nicht doch noch ein "richtiges" Sonett wird.
"Litaneien des Geschmacks" oder der Mode sind die Formen und Formeln, die z.B. Soaps ermöglichen. Sie "rühren" aber lassen alles beim Alten. Hach, wie schön! Und die "Gesetzt der Vernunft", welche künstlerische Formen (im Nachhinein) erklären können, können diese nicht erschaffen. Wenn man solche Formgerüste vermeiden will, scheint es mir nötig, auf verbindende und wahr empfindende Seelen zu hoffen.
Bezüglich der inneren Form (nicht gedacht in Reimschema und ähnlichen Verstandesdingen) bewahrt das recht freie Gedicht die Essenz des Sonetts, wobei die elfsilbigen Zeilen und der jambische Charakter nicht entscheidend sind, ich habe mich nur nicht weiter vorgewagt… So ist es ja schlimm genug.
Naja, sooo schlimm ist es nun auch wieder nicht. Mir gefällt beispielsweise die reimlose Fom sehr gut, weil sie nämlich sehr sonettig klingt. Grad die starre Form fordert Experimente fast heraus. Ich mag auch deine Sprache. Die Verse sind sehr phantasievoll und schön formuliert. Ich komme mit dem Inhalt nicht klar, weiß gar nicht, was du sagen möchtest . Was hälst du davon, den Titel in "Singe, mein Herz" zu ändern? Herzliche Grüße, Heliane.
wenn ich das Gefühl habe, ich kann nichts Wesentliches verbessern, hör ich auf damit. Ich mache dann lieber ein ganz neues Gedicht. Goethe soll ja gesagt haben, dass durch weiteres Verbessern sein Faust sicher anders geworden wäre, aber wohl nicht besser. Da ist was dran, denke ich.
Liebe Heliane,
danke für die Unterstützung des Experiments, insbesondere freut mich, dass es für dich "sehr sonettig kling". Zur Bedeutung habe ich in Kommentar #5 etwas angedeutet. Es ist schwer zu erklären. Ich bin halt der Meinung, dass poetische Formen vor allem aus der Prosodie schöpferischen Denkens entstehen, welches mit Emotionen (deren reinste "Sprache" die Musik ist) einhergeht. Diese (Emotionen/Prosidie) sind aber nicht beliebig - ein tieferer Aspekt, der (wie es sich für das Sonett gehört) in der ersten "Terzine" erscheint - sondern sie entspringen aus allgemein menschlichen Quellen. Ich merke, indem ich zu erklären versuche, wird es nicht viel klarer… Aber vielleicht hilft es trotzdem.
Lieber Carlino,
vielen Dank, das ist sehr ermutigend. Danke auch für das "n", es fehlt, weil ich das ursprüngliche "die" in dieser Zeile in "auf" verwandelt habe und dabei die "Pfade" vergaß. Auch danke zur Überschrift, ich war mir nämlich etwas unsicher, aber der "Aufforderungscharakter" ist genau, was ich wollte.
Lieber Thomas du schreibst, dein Gedicht ist ein seltsames Ding. Ich denke da hast du recht. Es ist schwer zu verstehen, man muss es oft lesen was ich auch getan habe. Kaum denke ich, ich habe es verstanden, grübel ich schon wieder. Aber das macht nichts denn es sind deine Empfindungen und Emotionen. LG Heike
die Aussage ist eine Psychoanalyse die in dieser Ausdrucksweise erst nach mehrmaligem Lesen im Zusammenhang verstanden wird. Es liegt an den langen Sätzen, die jeweils über eine ganze Strophe gehen. Am Ende eines Satzes muss man sich schon Mühe geben um den Bezug zum Anfang präsent zu haben. Es ist ein Kunstwerk mit guter Aussage, die der Mühe des mehrmaligen Lesens wert ist.
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